- Folge niemand. Sei du selbst.
- -- Uwe Schünemann
Eben habe ich mal meine Bürgerrechte wahrgenommen, und folgenden Text an den Innenminister des Landes Niedersachsen per Email geschickt.
Sehr geehrter Herr Schünemann,
mit großer Bestürzung habe ich unter
http://www.heise.de/newsticker/meldung/120467 von ihrer Forderung gelesen, dass Internet-Provider ihre Kunden künftig vertraglich dazu verpflichten sollen, eine Filter-Software zu installieren, die den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten blockiert.
Was sie dort fordern ist nicht nur der schlimmste Eingriff in meine Persönlichkeitsrechte, der mir als Internetnutzer bisher angedroht wurde, sondern auch der absolut sinnloseste Versuch einer Zensur, der mir in meinen 15 Jahren Internetnutzung bisher untergekommen ist. Bevor Sie jetzt behaupten, dass es sich bei dem Vorgang, wie Sie ihn anstreben nicht um Zensur handelt, möchte ich kurz die
Definition aus Wikipedia zitieren:
Zensur (censura) ist ein politisches Verfahren, um durch Massenmedien oder im persönlichen Informationsverkehr (etwa per Briefpost) vermittelte Inhalte zu kontrollieren, unerwünschte beziehungsweise Gesetzen zuwiderlaufende Inhalte zu unterdrücken und auf diese Weise dafür zu sorgen, dass nur erwünschte Inhalte veröffentlicht oder ausgetauscht werden.
Kinderpornografie fällt ja wohl zweifelsohne unter den Begriff der "unerwünschten beziehungsweise Gesetzen zuwiderlaufenden Inhalte".
Und jetzt möchte ich ihnen mal einen Weg demonstrieren wie jeder Internetnutzer ohne Aufwand die von Ihnen geforderte Filterprogramme umgehen kann. Rufen Sie doch mal bitte den Link
http://pici.picidae.net/ auf und geben Sie dort eine beliebige Webadresse ein. Sie erhalten die Webseite als ein einziges Bild zugeschickt, trotzdem ist dort jeder Link anklickbar. Die Webadresse wird kodiert übertragen, so dass auch dort sämtliche Filter versagen. Damit ist schon jeder Filter wirkungslos, wenn er ausschließlich Kinderpornografie filtert.
Also müsste man jetzt schon Kinderpornografie und "Filterumgehungswebseiten" filtern. Allerdings dienen diese Webseiten deutlich mehr Zwecken als der Umgehung von Kinderpornografiefiltern, und schon hätten wir einen Kollateralschaden, den es bei einer funktionierenden Zensur, äh 'tschuldigung, Filterung von Kinderpornografie zwangsläufig geben muss.
Und auch diese Sperre lässt sich relativ einfach umgehen, sehen Sie sich bitte die Seite
http://www.picidae.net/blocked/ an. Dort wird angeboten, die Adresse eines öffentlich unbekannten picidae-Servers zu bekommen. Um dies jetzt auch noch effektiv zu filtern, müssen Sie effektiver sein als die chinesische Regierung, denn diese "Filterumgehungswebseite" wurde unter anderem für den freien Zugang zu Informationen im Internet an der chinesischen Zensur vorbei entwickelt.
So gesehen kann der von Ihnen vorgeschlagene Filter in keinster Weise funktionieren. Im Endeffekt läuft es auf folgendes hinaus: der Zugang zu Kinderpornografie wird nicht weiter eingeschränkt, aber der Zugang zu anderen Informationen wird für die Allgemeinheit durch Fehler in der Software, den Filterlisten und an anderen Stellen nachhaltig beeinträchtigt. Eine Versprechen, dass die Software und die Filterlisten fehlerfrei sein soll, halte ich übrigens für eine Beleidigung meines Sachverstandes als Softwareentwickler.
Der von mir hier gezeigte Weg ist nur einer von vielen, die alle ähnlich einfach und effektiv sind, um Filtersoftware zu umgehen.
Natürlich geht es mir nicht darum, hier Kinderpornografie in Schutz zu nehmen. Es geht mir nur um eine mehr als unverhältnismäßige Beschneidung meiner Bürgerrechte um ein gestecktes Ziel nicht einmal im Entferntesten zu erreichen. Traurig, dass ich dies noch einmal extra erwähnen muss, nur um nicht mit solchen Leuten auf eine Stufe gestellt zu werden. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Sven Oliver Moll
P.S.: Dieser Text ist auch über mein Blog unter
http://blog.h8u.de/index.php?/archives/1294-Offener-Brief-an-Uwe-Schuenemann.html einzusehen.
Kommentare
"Eine solche Zensur ist Täterschutz ! Oft sogar sind Anbieter von Kinderpornografie mit Sitz in europäischen Ländern udn sogar in Deutschland. Man könnte diese quasi Nach deutschen bzw europäischen Recht sogar verhaften und aus dem Verkehr ziehen, dies geschieht allerdings trotz wissen der zuständigen Staatsanwaltschaften nicht !!! stattdessen wird über eine Filterung des Internets nachgedacht, was zum einen Zensur darstellt zum anderen die Verfolgung solcher Anbieter bestimmt nicht ankurbeln würde"
Zitat wurde von mir frei wieder gegeben, Inhaltlich ist es aber korrekt !!!
Nach Meinung von Niedersachsens Internet-Providern soll sich künftig Innenminister Uwe Schünemann (CDU) vertraglich dazu verpflichten, eine effektive Strategie zu entwickeln und Maßnahmen zu ergreifen, die die Herstellung und das Anbieten von kinderpornografischen Inhalten verhindert. Die rund 75 Provider in Niedersachsen werden den Innenminister schriftlich dazu auffordern, die Hersteller und Anbieter von Kinderpornografie mit allen Mitteln zu verfolgen um Kinderpornografie aus dem Internet zu entfernen. Die Bürger sollen dann erkennen können, dass der Innenminister aktiv gegen die Kinderpornografiehersteller und -anbieter vorgeht, und diesem und seiner Partei andernfalls Ihre Stimme bei der nächsten Wahl verwehren.
Meines Erachtens nach geht der Vorstoss deswerten Herrn Schuenamann ohnehin eher in Richtung Bundestrojaner. KiPo ist halt nur so ein schoenes emotionales Reizthema, da DARF man ja gar nicht argumentieren.
Bei jedem Buerger eine Wanze/einen Trojaner zu installieren ist viel zu aufwaendig. Hoert man aber nur die Knoten und Verteiler ab, faengt man auch die, die von der live-CD booten und ein sauberes System haben. Ausserdem kann man auf die ISPs ganz anders Druck ausueben als auf eine Buergergruppe.
Und wenn der Filter erst mal installiert ist, kann man den ja einfach mal eben erweitern. Vielleicht noch ueber die Fernwartungsschnittstelle und schon wissen die ISPs selber nicht mehr, was in ihren Raeumen abgeht.
Es geht nicht um Kinderpornografie. Das wäre lächerlich, weil ein "Schutz" auf Clientseite die technisch schlechteste Alternative ist. Nein, Politiker sind nicht so dumm. Und wir sollten uns nicht für so dumm verkaufen lassen. Und: Dieser "Kinderpornofilter" wird noch im ersten Quartal 2009 bundesweit Pflicht werden, weil er längst im Hinterzimmer als Zusatz zum BKA-Gesetz beschlossen ist.
Man diskutiert nicht so lang und breit über eine heimliche Onlinedurchsuchung, die technisch nicht durchführbar ist.