- Wenigstens eins ist gut an einem reaktionären Präsidenten, er macht sich nichts um Ökokost. Beim letzten haben wir gegrast, nicht gegessen.
- -- Victor Milson, "2010"
Das ich das Werk von Jess Jochimsen sehr zu schätzen weiß, habe ich das
eine oder andere Mal hier ja schon Kund getan. Und so wie jedes Jahr zum Beginn der Spargelzeit fällt mir sein Gedicht zum Thema Spargel ein, welches er zu Beginn dieses Jahrtausends nachhaltig verbreitet hat. Ich selbst kenne es von seiner Mailingliste, und es beschreibt exakt meine Einstellung zum Spargel.
Nachdem ich ganz lieb "bitte, bitte" gesagt habe (zu Jess per E-Mail), darf ich das Gedicht nun mit den Lesern dieses Blogs teilen. Ganz großen Dank von meiner Seite aus, und die dringende Empfehlung mal bei Gefallen auf seine
Homepage zu gucken. Dort gibt es unter anderem auch die Termine seiner Auftritte.
Spargel-Essen
Jedes Jahr um diese Zeit
gebietet es die Höflichkeit,
noch im fernsten Freundeskreise
eine jahrzeitliche Speise
zu verzehr´n gemeinschaftlich,
und das find´ ich fürcherlich.
Alle Wochenenden muß
man erscheinen zum Genuß
von glibbrig-länglichem Gemüse
aus bürgerlicherster Kombüse.
Menschen, die man fast vergaß
laden ein zum Spargel-Fraß.
Jene Gewächse, die die Polen
mit Müh´ aus Deutschlands Boden holen,
denn der gut´ Germane sticht
seine Feld-Frucht selber nicht.
Er braucht sie nur als Schicki-Speise
und das reichlich tonnenweise.
Denn Spargel gilt als delikat
dabei schmeckt er eher fad.
Dazu kommt die Quälerei
mit der Spargel-Schälerei
und natürlich grand Malaise
mit der Soße Hollandaise.
Jedoch ohne eben diese
Soße bleibt der Spargel miese.
An sich leckere Omlette
werden zerfetzt zu Kratzettette,
dazu wird Weißwein aufgedeckt,
damit man überhaupt was schmeckt.
Weiter verlangt die Etikette,
daß man beim Essen eine nette
Figur macht und nicht sabbert,
wenn man sein Gemüse knabbert.
Schneiden läßt sich Spargel nicht,
man tunkt die Hände ins Gericht.
Und dann lutscht man diese langen,
phallisch-süßen Faser-Stangen,
würgt sie runter, kleckert munter
auf das Hemd, die Hose und der
Spargel schmeckt nicht, sondern bleibt
verklumpt im Magen und er treibt
dich auf´s Klo, wo du dich gnädigst
deines Spargelsafts entledigst.
Und nun wabert im Urin
was vorher war nouvelle cuisine.
Oh welche Farbe, welch´ Gerüche -
das ist der Preis der eitlen Küche.
Kommentare
auch in Berlin tat ick mir dran erfreun.
Doch in Walbeck hab ick ihn indessen,
vor lauter Bejeisterung quer jefressen.