- [Ross and his wife are arguing over The Wave's impact on other teachers' classes, including Christy's]
Christy Ross: Just turn it off!
Ben Ross: Not yet! If I stopped now, they'd be left hanging. They'd be confused.
Christy Ross: Well, let them be confused!
Ben Ross: NO! I have to push them until they get the point. I'm teaching these kids the most important lesson of their lives! - -- The Wave
Wenn ich aus der Sneak-Preview eines Films komme, gibt es eigentlich zwei besonders extreme Meinungen, die ich mir über den Film gebildet habe. Als "Minimum" möchte ich mal folgendes bezeichnen: der Film war so schlecht oder uninteressant, dass ich früher gegangen bin. Das "Maximum" ist dann ein Film, der mich überrascht und gefesselt hat, und über den ich noch Tage lang nachdenke. Für mich sind viele dieser "bewegenden" Filme so etwas für die Vorlage für ein Gedankenexperiment: was würde ich wohl in der beschriebenen Situation tun?
Heute gab es beides auf einmal: es gab die
deutsche Neuverfilmung des Films "
Die Welle". Wem dieser Titel nichts sagt, den möchte ich bitten, hier mit dem Lesen aufzuhören, und sich den Film anzusehen. Ansonsten entgeht ihm eine echt interessante Erfahrung, da ich mit meinen fortführenden Gedanken die Aussage, die hinter dem Film steht deutlich abschwächen würde. Und ich kann nur jedem nur empfehlen, sich diesen Film so unbeleckt wie möglich anzusehen, falls "Die Welle" weder als Buch, noch als Film bekannt sein sollte.
Dieses Mal bin ich früher gegangen, weil ich die Wahrheit, die hinter diesem Film steckt nur noch in homöopathischen Dosen ertragen kann. Ich hatte noch einige wenige Bilder des ersten Films vor Augen, erkannte viele der
Archetypen der Schüler aus dem ersten Film wieder. Und so langsam kam in mir das Unbehagen hoch, denn ich erkannte die Ansätze einiger Konflikte, die es im Verlauf des Films noch geben wird. Im Unterricht wurde die Frage nach den Punkten gefragt, die ein
autokratisches System braucht um zu funktionieren. Das wohl wichtigste wurde von den Schüler übersehen, aber nicht vom Lehrer: ein Feinbild. Ich habe es wohl am ersten Punkt erkannt, an dem es "eingeführt" wurde. Und an diesem Punkt war es für mich schwer den Rest des Films zu ertragen, denn ich konnte erkennen wo das hinführen wird... Leute, die nichts dafür können, werden in eine Opferrolle gedrängt.
Aber die wichtigste Aussage des Films ist gar keine, sondern die Frage, die er hinterlässt: "kann mir das passieren?" Die meisten Menschen würden an dieser Stelle vermutlich immer noch genauso spontan "nein" sagen, wie die Schüler in dem Experiment. Ich nicht. Jedes Mal, wenn ich mir die Frage stelle denke ich einen Moment über mich nach und komme zu dem Schluss: "vermutlich nicht, das hoffe ich zumindest". Denn wenn die Situation in die man gedrängt wird, nur extrem genug ist, dann ist fast jeder bereit etwas anzunehmen, was seinen moralischen Vorstellungen im "Normalzustand" zutiefst widerspricht. Da sehe ich mich nicht als Ausnahme. Alles was ich versuchen kann, ist nie in eine solch extreme Situation zu kommen. Und - toi, toi, toi - bisher ist es mir ganz gut gelungen, um solche Situationen und Probleme herumzukommen.
Allerdings bin ich was meine Person angeht auch verhalten optimistisch: schließlich habe ich im Film immerhin den allerersten Ansatz eines Feindbildes erkannt. Ich hoffe mal, das etwas davon auch auf mein reales Leben abfärbt.
Kommentare
Ich habe den Film zwar noch nicht gesehen, aber den Kritiken zu Folge soll der doch wirklich klasse sein.
Es wurde mir eine zwar gute und wichtige Geschichte erzählt, dennoch bin ich eher ins Kino gegangen, um unterhalten zu werden. Und zu sehen, wie ein Mob, der sich nach und nach als Elite ansieht, andere schikaniert, ist nicht gerade meine Vorstellung von Unterhaltung, zumal ich das alles schon einmal gesehen hatte.
Leider hat der Film einige schwerwiegende Kritikpunkte:
- der Schnitt und die Kameraführung ist teilweise doch sehr stark an MTV angelehnt und somit, kurz gesagt, einfach nur hecktisch und unübersichtlich.
- die Eindimensionalität mit der die Schüler dargestellt wurden
- man ist sich nicht sicher, ob sich der Lehrer in der Rolle des Diktators nun gefällt, oder sie nur spielt um auf einen Punkt hinzuarbeiten
- der wichtigste Punkt des ersten Filmes fehlt: die Enthüllung des Hitlerbildes, mit der das ganze Ausmass der Welle wie eine eben solche auf die Mitglieder hereinbricht (worauf auch das Zitat anspielt)
So wichtig wie der Film auch ist, in der B-Note wurde da einiges versaut, weshalb ich überhaupt nicht traurig bin, früher gegangen zu sein. Und alles bis auf den letzten Kritikpunkt konnte ich schon zu dem Zeitpunkt erkennen, an dem ich gegangen bin. Das war ungefähr nach dem ersten Drittel des Films.
Außerdem geht es mir mit dem Kino mittlerweile fast so wie mit dem Fernsehen: ich habe das Gefühl, eigentlich schon zu viel gesehen zu haben. So beschränke ich meine Zeit nur auf die wirklichen Perlen, oder Sachen, die einfach Spass machen. Wenn der Film oder die Umsetzung eher durchschnittlich ist, warum sollte ich es mir dann dennoch ansehen. Da kann ich meine Zeit doch wirklich sinnvoller verbringen.
Oder wie Peter Ustinov es mal als Hercule Perrot so schön gesagt hat: "Ein guter Kritiker kann auch schon nach dem zweiten Akt gehen, und trotzdem eine treffende Kritik schreiben". Ich sehe mich zwar nicht als guten Kritiker, aber trotzdem liege ich bei meiner Beurteilung der Filme, bei denen ich vorher gegangen bin, _deutlich_ über den statistischen Zufallstreffern.
Unterm Strich würde ich also sagen: Die Geschichte "Die Welle" ist gut und wichtig! Die Inkarnation der Geschichte durch diesen Film ist bei weitem nicht so, wie die Geschichte selbst. Die anderen Inkarnationen der Geschichte in den Formen des Buches und des ersten Films sind einfach besser.