- Gut Ding will Weile haben.
- -- Altes Sprichwort
Am mittlerweile schon vorletztem Samstag war ich auf dem Konzert von
Michy Reincke. Der Abend wieder einmal richtig gut. Fast wie erwartet, nur dass mir einige meiner Lieblingsstücke gefehlt haben, da sie zu Gunsten von neuem Material aus dem Programm gekippt wurden. Doch darum soll es im Folgenden gar nicht gehen.
Dieses Mal will ich ein bisschen auf das Vorprogramm eingehen. Dieses bestritt
Anna Depenbusch, die sich selbst auf einem Klavier begleitet hat. Nun gut, genau genommen einem Synthi, der sehr gut nach Klavier geklungen hat. Üblicherweise spielt sie eher mit einem kleinen Ensemble, aber diesmal war es einfach nur sie allein, was mir persönlich besser gefallen hat.
Doch auch das ist nur mittelbar der Anlass, weshalb ich nun hier einen weiteren Artikel tippe. Eigentlich geht es nur um ein winziges Detail, aber auch dafür muss ich weiter ausholen: selbstverständlich wurde Anna von Michy angekündigt, natürlich auch mit einem Loblied. Besondere Beachtung schenkte er dabei einem Stück von ihr namens "
Heimat".
Dies hat sie natürlich in ihrem Set gespielt, und dazu auch ein paar einleitende Worte gefunden. Sie hat unter anderem erzählt, dass gerade dieses Lied ihr einige Türen in ihrer musikalischen Entwicklung geöffnet hat. Besonders bei mir hängen geblieben ist, dass sie sich fast ein bisschen dafür geschämt hat, weil ihr das Schreiben dieses Liedes so leicht von der Hand gegangen ist.
Ist dies aber wirklich so schlimm?
Ich habe einmal einen Brief an eine Tante geschrieben, die ich nie persönlich getroffen habe. Ich habe ihn meinen Eltern mitzugeben, um ihn meiner Tante zukommen zu lassen. Meiner Mutter habe ich den Brief im Vorfeld zum Lesen gegeben und sie war überrascht: "Da hast Du aber bestimmt lange dran gesessen?" war ihre erste Frage. Dem war aber nicht so. Ich habe halt durch die vielen hunderte Blogartikel eine gewisse Routine im "Vertexten von Gedanken" bekommen, und die herangehensweise war vergleichbar. Ich hatte ein paar Gedanken, die ich mitteilen wollte: es ging mir darum mich bei ihr für etwas zu bedanken und mich ihr gegenüber ein bisschen vorzustellen.
Ein anderes sehr schön Beispiel, das sich in meinem Gehirn festgesetzt hat, gab es in der Fernsehserie "
Rosanne": ihre Tochter Darlene sollte bei einer Hausarbeit ein Gedicht abgegeben, was sie aber nicht wollte. Daraufhin hat Roseanne sie dazu gezwungen. Die Lehrerin fand das Gedicht so gut, dass es Darlene bei einer Schulveranstaltung vortragen sollte. Sie aber wollte dies nicht, was die Mutter wiederum nicht verstehen konnte. Beide sind ausgesprochene Dickköpfe und sind ordentlich und auch laut an einander geraten. Der Gipfel endete in der gebrüllten Erklärung von Darlene, dass sie ihr Gedicht deshalb nicht vortragen wollte, weil sie der Meinung war, dass es schlecht ist, alleine schon deshalb, weil es ihr viel zu leicht gefallen ist und ganz schnell gegangen ist. Das Gedicht, welches mir hervorragend gefällt, findet sich im Netz sowohl im
englisches Original als auch als
deutsche Übersetzung.
Also warum sollte es von Nachteil sein, nur weil etwas einem leicht von der Hand geht?
Herbert Reinecker, der unter anderem Folgen für die Fernsehserien "Derrick", "Der Alte", "Traumschiff" oder "Jakob und Adele" geschrieben hat, hat es in einem Interview meiner Meinung nach hervorragend beschrieben:
"Nach einer alten, deutschen Meinung ist eine Sache umso besser, je länger sie dauert. Ich bin eigentlich ganz anderer Meinung: eine Sache ist umso besser, je kürzer sie dauert. [...] Manchmal hat man Phasen, da ist die Sache ganz leicht, da geht das alles ganz flüssig und leicht. Sie brauchen gar nicht nachzudenken, Sie haben den richtigen Faden, sind auf dem richtigen Wege. Dann geht das, läuft das sehr gut. Wenn es Schwierigkeiten gibt, wenn sie plötzlich Mühe haben, dann ist irgendetwas falsch. Jetzt versuchen Sie das zu beseitigen, aber es wird nicht besser. Solche Sachen gibt es immer wieder, dann ist es eigentlich am Besten, die Sache beiseite zu legen bis man wieder das Gefühl hat das man braucht: ganz leicht, ganz flüssig, alles geht wie von selbst."
Das alles lässt mich zu dem Schluss kommen, dass wenn einem das
Orm durchflutet, sollte man es erst mal so gut ausnutzen, wie es geht, und danach dann dankbar sein, dass man einen solch glücklichen Moment hatte.
Nachtrag: Dass Gefühl mit dem "es flutscht" hatte ich auch bei diesem Artikel. Viele Ideen trug ich schon seit vielen Tagen in meinem Kopf mit mir rum. Angefangen, ihn zu schreiben habe ich ihn dann vorgestern auf meinem Smartphone, weitergeschrieben gestern auf meinem Netbook, und heute schreibe ich ihn auf meinem Arbeits-PC zu ende. Obwohl mir die Zeit gefehlt hat, den Artikel "am Stück" zu schreiben, wie ich es gern getan hätte, so fühlt es sich für mich doch, wie aus einem Guss an. Ich hoffe, dem geneigten Leser auch.
Kommentare
Natürlich können auch solche stark gedachten Texte toll sein. Sie kommen aber dann nicht mehr aus dem Herzen. Und das ist ja das Wichtigste bei einem Brief...