- The colour of my morning you will never see
They brighten up your mind and make your day
Believe me when I say that everything you see
Is grey cause you are colourblind. - -- The Coalminers Beat, "Colourblind"
Auch wenn ich mich nicht gerade als einen religiöser Mensch bezeichnen würde, so gehört doch der evangelische Religions-Unterricht zu den Fächern, von denen ich für mich persönlich am meisten mitgenommen habe. Besonders in der Oberstufe, wovon ich aber zu einem späteren Zeitpunkt erzählen möchte. Auch schon zur Realschulzeit ist mir ein Block in diesem Fach besonders in Erinnerung geblieben. Wir hatten eine Referentin zu Gast, welche uns auch einige Stunden unterrichtet hat.
Sie hat sich in ihrem Unterrichtsblock sehr stark auf die Wahrnehmung bezogen. So stellte sie zum Beispiel einen Bubikopf hinter eine Leinwand und beleuchtete diese von hinten, so dass wir nur eine Silhouette sehen konnten. Unsere erste Aufgabe, war es zu erraten, was den diese Bild hätte verursachen können. Wir haben es nicht sofort erraten.
Auf diese Wahrnehmung bezog sich dann auch ein weiteres Experiment, dass sie mit uns machen wollte. Ein Rollenspiel, zu dem es die folgende Vorgeschichte gibt: in einer Höhle hausen drei oder auch vier Menschen. Diese Höhle ist jedoch durch einen Abhang so beschaffen, dass man nicht hinauskommen kann. Für das leibliche Wohl ist gesorgt, es fallen Früchte in die Höhle und ein unterirdischer Bach fließt hindurch. Ob das nun alles stimmig und passend ist, soll uns bei der Betrachtung des Experimentes aber noch nicht weiter stören. Die einzige Wahrnehmung der Welt außerhalb der Höhle findet statt, wenn die Sonne so steht, dass die Objekte der Außenwelt durch die Sonneneinstrahlung als Schatten auf einer Höhlenwand abgebildet werden. Ansonsten ist die Höhle eher schummrig, und düster, so dass das Wahrnehmen von Farben nicht wirklich möglich ist.
In einer Gemeinschaftsaktion schaffen es nun die Höhleninsassen, den kleinsten aus der Höhle rauszuheben, alle anderen Konstellationen würden aufgrund der körperlichen Beschaffenheit der Bewohner scheitern. Der Kleine kommt nun nach einiger Zeit zurück und berichtet den anderen von dem, was er draußen gesehen hat, und wie sich seine Wahrnehmung um die dritte Dimension und die Farben erweitert hat. Und dieses Gespräch sollen wir nun führen. Ich erkannte sofort das Dilemma des oder der "Kleinen". Es galt etwas zu vermitteln, was die Anderen überhaupt nicht begreifen
können, da ihnen das Basiswissen fehlt. Genau deshalb legte ich großen Wert darauf, einer den Zurückgelassenen zu mimen.
Es war wohl definitiv einer meiner lichteren Momente. Obwohl vorher schon einige Diskussionen der Höhlenbewohner über die Bühne gegangen sind, trafen meine Kritikpunkte, dass das was uns dort erzählt wurde doch gar nicht der Wirklichkeit entsprach, genau ins Schwarze. Zumindest war unser Gespräch, dasjenige welches die Richtung einschlug, das die Lehramtsanwärterin haben wollte:
- Der Kleine:
- "Die Dinge da draußen kann man alles richtig anfassen, von allen Seiten."
- Ich:
- "Das kann ich hier doch auch: von oben, unten, links und rechts."
- Der Kleine:
- "Und da draußen sind die Dinge voller Farbe."
- Ich:
- "Farbe, was ist das? Ein andere Bezeichnung für das Hell und Dunkel, was wir hier haben?"
An diesem Punkt gab "unser" Kleiner auf. Und zum ersten Mal rief die Lehrerin in Spe nicht einfach die nächste Gruppe auf, sondern kommentierte unsere Diskussion mit den Worten, die an den Kleinen gerichtet waren: "Gar nicht so leicht ein Leben als Prophet, oder?"
Das war der Punkt wo mir nicht nur das Dilemma des "Kleinen" sondern auch die Tragweite des ganzen Experimentes klar wurde. Es sollte uns gezeigt werden, wie es wohl jemanden gehen muss, der eben ein Erlebnis hatte, welches so gewaltig war, dass es sein Leben komplett verändert hat. Wie es zum Beispiel einigen Propheten der Bibel passiert ist.
An dieses Ereignis fühlte ich mich sofort erinnert, als ich von der Band "The Coalminers Beat" das Stück "Colourblind" (nebenbei bemerkt mein Lieblingsstück dieser Band) hörte, in dem auch das Defizit in der farblichen Wahrnehmung ebenfalls als Metapher eingesetzt wird.
Das Lied erzählt kurz die einfache Geschichte, wie ein alter Mann mit abgerissener Kleidung versucht die Protagonistin des Songs zu überzeugen, dass es da mehr gibt als sie sieht. Genauso wie der "Kleine" im Experiment. Und auch der Alte muss zum Schluss aufgeben.
- When he finally took my hands
He wished me spirit, but I don't understand. - -- The Coalminers Beat, "Colourblind"
Kommentare