- Wenn Du Dich mit mir unterhalten kannst, musst Du eine Kratze sein.
- -- Fjodor F. Fjodor, "Der Schrecksenmeister"
Stell Dir vor, Du bist ganz unten. Wirklich ganz unten, am Verhungern. In einer Stadt, deren Einwohner nur aus Krankheiten und Gebrechen zu bestehen scheinen. Und dann, kurz vorm Verrecken, macht Dir jemand ein Angebot: Du wirst einen Monat bei ihm leben, er wird Dich bekochen und versorgen, nur das Beste vom Besten. Die Sache hat nur einen Haken: wenn der Monat um ist, wirst Du sterben. Getötet durch den Gönner. Dieses Angebot bekommt Echo, eine Kratze auch Zamonien. Kratzen sind Katzen sehr ähnlich, nur dass sie jede Sprache sprechen können, egal ob sie mit einem Mensch oder Tier kommunizieren.
Mit diesem Angebot beginnt die Geschichte "Der Schrecksenmeister" von Walter Mörs, der mittlerweile fünfte Roman seiner Zamonien-Reihe, von denen ich die meisten hier auch schon beschrieben habe. Wieder einmal habe ich mir das Hörbuch gegönnt. Andreas Fröhlich, bekannt als die Stimme von Bob Andrews von den drei Fragezeichen, trägt diesmal das komplette Werk vor und tritt damit in die Fußstapfen von Dirk Bach. Dabei taucht natürlich als erstes die Frage auf, wie gut er seine Sache im Vergleich zu seinem Vorgänger macht. Er macht seine Sache sehr gut, allerdings war Dirk Bach hervorragend. Ein direkter Vergleich ist aber recht schwer, da sich dieser Roman bisher die wenigsten Berührungspunkte mit den anderen Zamonien-Romanen hat.
Wieder einmal entfaltet Mörs in seiner Geschichte eine Erzähldichte, die seinesgleichen sucht. Er kann beliebig in die Details gehen, ohne dass er einem das Gefühl gibt ablenken zu wollen. Im Gegenteil: egal womit er anfängt, man möchte noch mehr davon wissen, egal ob es dabei um die Ledermäuse, die weiße Witwe, das Schrecksenwesen, Dämonenbienen, gekochte Gespenster oder Eisenstadt handelt. Es werden viele kleine Geschichten erzählt, von denen im Gegensatz zu "Rumo oder die Wunder im Dunkeln" nicht jede von tragender Funktion für die Geschichte ist.
Lange Zeit verbindet die Kratze und den Schrecksenmeister fast so etwas wie eine Art Freundschaft, dennoch will der Schrecksenmeister nicht von seinem Vorhaben abrücken, denn das Töten der Kratze ist notwendig, da der Schrecksenmeister sein Lebenswerk nicht ohne ihr Fett vollenden kann. So kommt es am letzten Tag zu einem erbarmungslosen Showdown, bei dem Echo von allen Freunden, die er in der Zwischenzeit gefunden hat, unterstützt wird. Und dennoch sieht es nicht gut für ihn aus...
Die Geschichte basiert auf "Spiegel, das Kätzchen" von Gottfried Keller. Im Nachwort erklärt sich der Autor auch noch zu der Idee der Überarbeitung dieser Geschichte. Allerdings lässt er sein Alter-Ego, Hildegunst von Mythenmetz, diese Stellungnahme verfassen, um nicht den zamonischen Kontext verlassen zu müssen.
Abschließend ist diese Geschichte meiner Meinung ein weiterer würdiger Teil der Zamonien-Reihe, aber an "Rumo" oder "Die Stadt der träumenden Bücher" kommt er dennoch nicht ganz heran. Die Behauptung, dass sich das Lesen oder Hören der Geschichte lohnt, ist doch eine starke Untertreibung.
Kommentare