- Und der Haifisch, der hat Zähne
Und die trägt er im Gesicht
Und MacHeath, der hat ein Messer
Doch das Messer sieht man nicht - -- "Mackie Messer" von Bertolt Brecht und Kurt Weill
Diesmal gibt es wieder gleich zwei CDs über die ich mich im Rahmen dieses Artikels auslassen möchte. Ich konnte mich einfach nicht entscheiden, welche CD von "The Young Gods" es denn nun werden sollte. Die eine hat die interessantere Grundidee und die andere die schönere Hintergrundgeschichte. Fangen wir doch mal mit der letzteren an.
Anno 1993 wühle ich mich in einem Second Hand Laden durch einen Stapel Promos, die in einer "Extrembillig-Sonderposten"-Kiste rumliegen. Ein paar davon höre ich auch probe, eine davon ist komplett weiß und trägt nur den Aufdruck "For Promotion" und die Bestellnummer "BIAS CD 201". Rausgesucht hatte ich sie eher aus Neugier, dem Spaß am Reinhören in absolut unbekannte Sachen und der wahnwitzigen Hoffnung mal etwas gutes, bekanntes zum Schnäppchenpreis zu schießen.
Es sollte ganz anders kommen. Der erste Stück war recht sphärisch aber trotzdem angenehm druckvoll, sollte mich aber nur auf das einstimmen, was danach kam. Ab dem zweiten Titel war die Sache klar, die CD muss mit. Es war einfach der Hammer: druckvoll, laut und trotzdem weit weg von irgendwelcher Krawall-Mukke mit rumgegröhle. Es war einfach anders als alles, was ich bis zu diesem Zeitpunkt gehört hatte, und das auf eine sehr angenehme Art und Weise.
So wanderte diese CD also auch in meine Sammlung. Allerdings wusste ich nicht, von welchem Künstler oder Gruppe diese CD war. Sämtliche Recherchen meinerseits bleiben damals erfolglos. Also druckte ich mir ein Cover für die CD aus, bei dem ich geraten hatte, wie die Titel wohl heißen könnten, und sortierte sie unter "For Promotion" ein.
Jahre später sitze ich bei einem Freund und klöne mit ihm, er hat MTV laufen als Hintergrundbeschallung. Ja, damals konnte man das noch: MTV als Ersatz für's Radio nehmen. Während wir uns unterhalten haben, bohrte sich die Hintergrundmusik immer mehr in meinen Schädel. Sie war nicht nur cool, sondern hatte auch noch irgendetwas besonderes... nur was? Immerhin war die Band auch so recht cool, schließlich war es "For Promotion". HUCH! Das war die Chance. So meinte ich zu ihm, dass ich jetzt ganz dringend den Clip zu ende sehen muss. Während ich meine Augen auf der Mattscheibe festgeklebt habe, erklärte ich ihm ohne ihn anzusehen die Hintergrundgeschichte. Die ultracoole CD, bei der ich außer "BIAS CD 201" keinen Anhaltspunkt habe, wer sich hinter "For Promotion" verbirgt, und dass das jetzt DIE Chance ist, endlich herauszubekommen, wie der Name der Band ist. Und ja, er wurde wirklich eingeblendet: "The Young Gods - Skinflower - T.V. Sky". Bingo!
Der Rest war einfach, die Titelliste war schnell gefunden. Bei der Hälfte der Lieder lag ich mit meinem geratenen Titel sogar richtig. Bei meinem selbst gedruckten Cover habe ich dann doch nur die Texte ausgetauscht, und nicht einfach das Original-Cover kopiert. Irgendwie gehört das "Schneeweiße" bei der CD für mich mit dazu.
Letztens bin ich dann mal auf die Idee gekommen, zu gucken, was es denn sonst noch hörenswertes von der Band gibt. Bei meiner Suche bin ich über die CD "The Young Gods play Kurt Weill" gestolpert. Klingt interessant, nur konnte ich den Namen nicht so richtig einordnen, aber Wikipedia sei dank, war diese Bildungslücke schnell behoben. Kurt Weill ist ein deutscher Komponist, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter anderem die "Drei Groschen Oper" von Berthold Brecht vertont hat. Hmmm... Musik dieses Kalibers vertont von den Young Gods, das klingt interessant und das ist es auch.
Von der CD kannte ich im Vorfeld schon drei Stücke in anderen Interpretationen: Seeräuber Jenny in den Versionen von einer Darkwave-Band namens Spartak und auf englisch von Nina Simone, welche unter anderem im Soundtrack von "Watchmen" auftaucht. Außerdem "Mackie Messer", welches von Harald Junke und auch von Hildegard Knef eingespielt wurde. Und schließlich den "Alabama Song", der auch auf dem Debüt-Album der Doors vorhanden ist.
Sämtliche Stücke sind in ihrer Interpretation sehr... eigenwillig. "The Young Gods" drücken den Stücken ihren eigenen Stil auf, statt zu versuchen, dem Original so nahe wie möglich zu kommen. Teilweise sind die Stücke nicht auf Anhieb zu erkennen, aber sie sind auch nicht so weit verfremdet, dass man sie nur noch am Text erkennen würde. Genau das macht den besonderen Reiz dieser CD aus: eine Gratwanderung zwischen Stilen, Original und Cover-Version, wie ich sie bisher nur bei einigen vereinzelten Stücken erlebt habe, aber noch nie bei einer kompletten CD. Obwohl der Begriff "komplette CD" doch etwas übertrieben ist, denn der Spaß ist nach acht Stücken und einer guten halben Stunde leider schon wieder vorbei. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob eine CD mit einer Spiellänge von über einer Stunde mit Stücken in diesem Stil nicht auch den Bogen etwas überspannen würde.
Als Anspieltipps gibt es diesmal von mir die ersten beiden Stücke von "T.V. Sky": "Our House" und "Gasoline Man", sowie "Mackie Messer" von der "Play Kurt Weill".
P.S.: Kann mir jemand eine Interpretation der gesamten "Drei Groschen Oper" auf CD oder DVD empfehlen?
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