- Ich wusste, dass ich ein Arschloch war, aber ich wusste nicht, was ich dagegen tun sollte.
- -- Frank Goosen, "Liegen lernen"
Montag war ein ziemlich stressiger Tag für mich. Viele Sachen sind gleichzeitig auf mich eingeprasselt, und zu allem Überfluss lädt auch noch ein externer Kollege spontan einen kleinen Kreis für den Abend zu seinem Quasi-Ausstand ein. Zu diesem Kreis gehörte auch ich. Eigentlich bin ich extrem genervt und will nur nach hause. Statt einfach spontan abzusagen, entscheide ich mich doch für ein "frag mich zu Feierabend noch mal". Zum Feierabend kommt dann auch noch Müdigkeit dazu. Trotzdem treffe ich die Entscheidung mit dem Kopf statt mit dem Bauch und entscheide mich diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Da er mit dem Zug angereist war, hatte ich angeboten, ihm vom Hotel abzuholen.
Der Abend war streckenweise sehr schön, aber in unserem Grüppchen waren einige Gesprächsthemen eher von der Natur, die mich auf einer Party mal den Gesprächskreis wechseln lassen. Aber auch da bin ich einigermaßen durchgekommen, hauptsächlich durch nicht-Teilname an diesem Teil des Gesprächs.
Gegen Ende hatte dann der "Gastgeber" dann noch Lust, alleine in der Stadt ein Bierchen zu trinken und fragte, wer ihn denn dort absetzen könnte. Ich war zu diesem Zeitpunkt eigentlich komplett durch und wollte nur noch ins Bett. Deshalb reagierte ich auf die Anfrage eher missmutig, um murmelte was von "Bett". Dann ging aber die Murmel auf meinem Hals wieder in einen Eigenbetrieb über und ich überdachte meine Reaktion auf die Anfrage. Nach nur wenigen Sekunden war ich von mir alles andere als begeistert. Also vollbrachte ich eine Kehrtwende in einer Geschwindigkeit, dass der Luftzug noch am Nebentisch zu spüren gewesen sein muss. Jetzt musste ich ihn aber überzeugen, was mir dann vor der Tür auch gelang. Die Rückfahrt verlief eigentlich ereignislos, wir klönten halt noch ein bisschen. Aber ich war froh, den inneren Schweinehund überwunden zu haben, weil ich der Meinung war dass ich es ihm schuldig war, einfach so. Und mir war es ich eigentlich auch schuldig.
Nachdem ich ihn abgesetzt hatte, ging es auf den Heimweg. Dort erlebte ich dann etwas, was in einem Film mit einer Rückblende in Szene gesetzt werden würde: ich erinnerte mich gerade an eine Begebenheit die ungefähr 10 Jahre zurücklag.
Von der Leuten, mit denen ich damals einiges meiner Freizeit verbracht hatte, war ein Besuch beim Maschseefest geplant. Ich wohne nicht weit vom Maschsee entfernt, zum nächstgelegenen Ufer brauche ich zu Fuß wohl so 15 bis 20 Minuten. Da ich aber eher Fußfaul bin, hatte ich den Vorschlag gemacht, dass die vier mich einfach zu hause kurz abholen könnten, um mich die letzten paar Meter mitzunehmen. Sie brauchten nicht mal klingeln, ich würde zu gegebener Zeit schon vor der Tür warten. Daraufhin ging ein Lamentieren auf der anderen Seite los: ich könnte doch auch den Bus nehmen, schließlich wäre nur eine Straße weiter eine Haltestelle. Stimmt, ich hatte da mal eine gesehen, da ich aber seitdem ich Hannover wohne noch nicht Bus gefahren bin, weiß ich nicht mal, welche Linie ich dort nehmen müsste. Es gab noch weitere Vorschläge wie Fahrrad (hatte ich zu dem Zeitpunkt nicht) und Taxi.
Irgendwie wollten sie mich dabei haben, aber sie wollten nicht, dass ich mich mit ihnen für die letzten paar Meter der Fahrt auf eine Rücksitzbank quetsche. Darauf habe ich mal überlegt, wie oft ich für jeden aus der Truppe schon mal einen Umweg gefahren bin, der in der Größenordnung von 30 Minuten und mehr als 10km lag. Es war bei jedem mehr als einmal, und sie wollten mich nicht mal dieses kleine Stück mitnehmen. Daraufhin habe ich dann das Thema mit dem Satz beendet, dass ich nach dieser Diskussion sowieso keinen Bock mehr hatte mitzukommen. Nachdem ich aufgelegt hatte, habe ich dann auch noch beschlossen mein Engagement in dieser Gruppe ab sofort auf Null herunterzufahren. Der gesamte Kontakt versandete dann auch sehr schnell, und ich habe es bis heute noch nicht ein einziges Mal bereut.
So saß ich also nun im Auto, das Ganze fiel mir wieder ein. Und ich verglich mein Verhalten mit dem meiner "Gegenseite von der Rückblende": ob die Situationen objektiv vergleichbar sind, will ich nicht sagen, aber für mich haben die Parallelen aber ausgereicht. Als ich mein Verhalten resümierte, musste ich dann doch zufrieden lächeln. Nicht nur habe ich es geschafft im entscheidenden Moment den inneren Schweinehund zu besiegen, sondern auch noch aus dem richtigen Grund. Wäre mir die "Rückblende" vorher eingefallen, hätte ich es gemacht "um nicht so zu werden wie sie", so war es aber einfach aus dem Grund, "weil es das richtige war".
Nicht nur deshalb hat sich dieser Abend gelohnt...
P.S.: "Warum dieser Titel?", mögen sich meine zwei bis drei Leser wohl fragen. Die liebe Eileen hat sich einmal in ihrem mittlerweile stillgelegten Blog beschwert, dass mit dem Satz "Ich bin doch auch nur ein Mensch" immer nur schlechte Eigenschaften gerechtfertigt werden. Da hielt ich es für angebracht, mal einen Gegenpunkt zu setzen.
Kommentare
persönliche Integrität finde ich gut. Lass Dich nicht unter kriegen!
Kleine Richtigstellung: "Gegen Ende hatte dann der "Gastgeber" dann noch Lust, alleine in der Stadt ein Bierchen zu trinken und fragte, wer ihn denn dort absetzen könnte."
Der Gastgeber wollte ein Bierchen trinken und nicht unbedingt alleine :smurf:. Aber du warst zu müde ...
Gefragt habe ich, ob noch jemand in die Richtung fährt :-)
Danke für deine Hilfsbereitschaft :worship:.
In gleichem Maße kann ich mich leider nicht revanchieren, aber ich wollte dir wenigstens nochmal danken ;) Ist nicht selbstverständlich und eine sehr nette Geste.