- So yeah, make no mistake ... the 2600 was ALWAYS about who could show the coolest stuff
[...]
our motivation was to blow each other away .. plain and simple. - -- Rob Fulop, Creator Of Cosmic Ark
Neulich habe ich mal jemand komplett unbelecktem ein paar meiner Experimente auf dem Atari 2600 VCS gezeigt. Die interessanteste Rückfrage war wirklich die nach dem "Warum?". Ja, warum mache ich das eigentlich, warum machen das andere eigentlich? Einen Versuch die Antwort auf diese Frage zu finden, startet ja der Film "
Moleman 2", der die ungarische Szene der Demoprogrammierer beleuchtet, das trifft aber auch bis auf Details auf die Szenen anderer Länder zu.
Allerdings je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich einfach zu der Überzeugung, die sich mit sechs einfachen Worten beschreiben lässt: "das ist eine Form von Kunst".
Warren Robinett, der Autor des Spiels "
Adventure", hat mal ein Vorwort für das Buch "
The Video Game Theory Reader" geschrieben. Er beginnt mit der Frage, wer in der "artistic food-chain" noch unter Videospielen rangiert: "Comic books? TV sit-coms? X-rated films?" Heute dürfte sich das doch etwas geändert haben, nicht zuletzt deshalb, weil zum Einen die Etats für die Videospielentwicklung sich mittlerweile mit denen Hollywood-Produktionen messen lassen. Zum Anderen aber auch, weil es mittlerweile Spiele gibt, die man durchaus als Kunst verstehen kann.
Zum Beispiel "
Journey", welches nicht nur schön aussieht, sondern auch die Spielziele komplett ohne Worte zu erklären versucht. Ein anderes sehr schönes Beispiel ist "
The Unfinished Swan", ein Spiel, bei dem man sein Umfeld dadurch erfährt, dass man mit Farbe auf seine Umgebung wirft, die sich ansonsten weiß auf weiß präsentiert. Ein deutlich älteres Beispiel ist das Spiel "
REZ", das man als eine Mischung aus "
Tron" und einem Flugsimulator verstehen kann. Der Soundtrack passt sich dem Spielgeschehen an, es gibt keine Geräusche im herkömmlichen Sinn, sondern alles was normalerweise zum Beispiel eine Explosion wäre, wird mit in den Soundtrack "eingearbeitet".
Warum muss es aber immer mit einem Spielziel oder zumindest eine wie auch immer gearteten Interaktion einher gehen? Animationsfilmer werden doch auch als Künstler gesehen. Und was ist, wenn jemand oder ein Team sich hinsetzen und ein Programm schreiben, dass diesen Animationsfilm erzeugt, statt es mit den sonst üblichen Tools zu erzeugen? Warum sollte das denn keine Kunst sein? Ist es nicht eher die größere Kunst, wenn ein Programm das kleiner ist als ein stehender Screenshot von der Anzeige?
Und was ist wenn sich Leute hinsetzen und Bild und Ton aus Hardware rausholen, die entweder gar nicht dafür gedacht war, wie zum Beispiel Microcontroller, oder eben Hardware, die auch schon 30 Jahre auf dem Buckel hat, wie den C64 oder eben das Atari 2600 VCS? Retro ist schließlich in. Also für mich ist das Kunst... also das, was die anderen machen. Das was ich mache ist eigentlich nur rumgedaddel mit dem Versuch dabei auch noch ein gewisses Niveau zu erreichen.
Allerdings ist es auch nicht so, dass die "Kunst der Demos" außerhalb der Szene gar keine Beachtung findet. Jac! hat eine Anfrage vom
Computerspiele Museum in Berlin bekommen, ob er sein Demo zur Verfügung stellen könnte. Dankenswerterweise hatte ich schon mit den Arbeiten an meinem 6-in-1 Demo begonnen, so dass er jetzt vor hat ein Modul davon zu spenden. Es gibt mit dem
Museum of Electronic Games and Art sogar ein Museum, das tief mit der Demoszene verwurzelt ist, und deren Mitarbeiter auch an Demopartys teilnehmen und auch Beiträge einreichen.
Normalerweise hat Kunst im klassischen Sinn ja auch einen gewissen Wert. Das ist hier leider eher weniger der Fall. Das Problem liegt in der Natur der Sache "Computer", und immer auch ein Problem aller, die mit Software, denn nichts anderes sind Demos, Geld verdienen wollen: die Software lässt sich einfach kopieren. Schließlich wollen die Autoren ja auch, dass das eigene Produkt gesehen wird. Und im Gegensatz zu einem Bild an der Wand, ist in der digitalen Welt eine Reproduktion immer auch ein Original; das große Problem der Musik-, Film- und Videospiele-Industrie.
Es ist aber auch nicht so, dass man das ganze nur für sich macht. Die meisten Demos feiern ihre Premieren auf so genannten Demopartys, die man auch sehr treffend als Meisterschaften für Demoprogrammierer ansehen kann. Nur dass es dort mehr um den Spaß und das Zusammensein geht, als um das Konkurrieren untereinander. Was aber nicht bedeutet, dass es keine harte Jury gibt. Das sind nämlich alle, die zu der Party gekommen sind.
Aber nicht nur ein gutes Abschneiden auf einer Party lässt das Künstlerherz höher schlagen, sondern auch das etwas versteckte Lob. Zum Beispiel wenn ein Programmierer der selben Plattform fragt: "Wie hast Du das hinbekommen?", selbst schon erlebt. Ebenso die Nachfrage: "Wie, das war ein Atari VCS? Ich dachte, das war für einen (späterer erschienenen) Atari Homecomputer programmiert." Halt genau so, wie es im Einleitungs-Zitat beschrieben ist. Und ein anderes Lob was mir entgegengebracht wurde: "Wenn ich so coden könnte, wie Du würde ich andauernd Spiele schreiben." Das reizt mich wiederum gar nicht. Bei einem Spiel muss viel mehr getestet werden, und ein unwahrscheinlich guten Effekt, den man programmiert hat, wird kaum als das wahrgenommen, was er ist, sondern wird nur als Mittel zum Zweck. Dafür ist mir die investierte Arbeit einfach zu schade. Und man muss auch noch Arbeit in die Entwicklung der Spiellogik investieren, und auch Resourcen auf dem System (RAM, Rechenzeit) dafür freihalten.
Genau genommen ist das Programmieren für das VCS eigentlich schon ein Spiel an sich: ich habe 76 Taktzyklen pro Zeile, circa 250 Zeilen sichtbares Bild und 60 Zeilen für andere Berechnungen. Diese muss ich nun so kreativ wie möglich füllen, so dass das, was man sieht, möglichst ansprechend ist. So groß ist der Unterschied zu Aufbausimulationen im Stile von "
Sim City", "
Tower Defense" oder "
Plants vs Zombies" auch nicht. Hauptunterschied ist da wohl das Zeitverhalten: während sich das Spiel langsam und zyklisch entwickelt, habe ich halt beim Programm meine Idee, die ich umzusetzen versuche, die dann halt klappt oder nicht. Wenn es nicht klappt, überlege ich, wie ich die Probleme doch noch umschiffen kann. Und wenn es geklappt hat, überlege ich, ob und wie ich das Erreichte noch erweitern oder mit anderen Dingen kombinieren kann.
Vermutlich ist das Spielerische an diesem Hobby das, was mich davon abhält, es wirklich Kunst zu nennen, obwohl ich den Begriff "Digitale Kunst" bei anderen gerne verwende.
Kommentare
Top Gear erklärt, was Kunst ist https://www.youtube.com/watch?v=aQ8xDia5RNY
Also: Passt schon 8-)