- Königin auf Deiner Bühne tanz' für die ganze Nacht.
Lichterwelt verklärt mir meinen Sinn, doch Du hast nur an Dich gedacht.
- -- Rosenstolz, "Königin"
Sie betritt die Bühne. Eine kurze Begrüßung des Publikums und schon geht es los. Die Musik setzt ein, und Sie nimmt die Zuhörer gesanglich mit auf eine Reise.
Diese Reise führt durch ihr Leben und dessen Höhen und Tiefen. Der Schwerpunkt liegt auf ihren Problemen mit der Spezies "Mann". Die Selbsteinschätzung ihrer Person ist voller Humor und Hoffnung. Ihre Enttäuschung über eine verlorene Liebe kompensiert Sie mit der Vorstellung der einen oder anderen gut durchgeplanten Rache. Die Sehnsucht nach einer anderen Person, die die Gefühle nicht erwidert, wird voller bittersüßer Wehmut vorgetragen. Die Helden der Jugend werden mit einem Augenzwinkern von ihrem Sockel gestoßen. Eine neu gefundene Liebe lässt Sie auf Wolken gehen, Sie ist viel zu sehr damit beschäftigt ihr Glück zu genießen, als sich um etwas Sorgen zu machen. Diese vielen kleinen Geschichten werden mit einer Leichtigkeit vorgetragen, die vergessen lässt, wie viel Arbeit das alles gemacht haben muss.
Ich lausche aufmerksam und tauche ein in dieses Leben der Künstlerin auf der Bühne, welches so wundervoll erzählt wird. Es sind meistens die vielen Kleinigkeiten, die mich schmunzeln lassen. Eigentlich sind Sie zwar unbedeutend, aber so herzlich beobachtet und wiedergegeben. Nach einer kurzen Zeit gerate ich ein wenig ins Schwärmen für diese Person. Ich weiß, dass es Show ist, und das die Person für die ich so ins Schwärmen gerate nur eine Fiktion ist, die von einer realen Person verkörpert wird. Aber das ist mir in diesem Moment egal. Bei ihren traurigen Erzählungen möchte ich Sie trösten. Und wenn Sie von ihrer frisch gefundenen Liebe erzählt ertappe ich mich bei dem Wunsch es selbst zu sein, der da gemeint ist. So vergeht die Zeit und der wundervolle Auftritt geht zu Ende.
Nach dem Auftritt treffe ich sie, schaffe es, Sie in ein kurzes Gespräch zu verwickeln. Sie hat sich verändert: Sie ist nun nicht mehr die Künstlerin auf der Bühne, sondern nur noch die Künstlerin. Die übertriebenen Allüren sind einer dezenten Bescheidenheit gewichen. Die sympatische Erscheinung ist geblieben. Und ich lasse mich gerne ein weiteres Mal verzaubern, wissend, dass auch dieses Mal dies nicht die Person hinter der Künstlerin auf der Bühne ist, auch wenn Sie ihr näher zu kommen scheint. Dennoch würde ich gerne mehr über die Person fernab der Künstlerin erfahren, auch wenn diese sich vermutlich nicht ganz trennen lassen.
Diese interessante Frau hätte ich auch gerne unter anderen Umständen kennengelernt, zum Beispiel einfach auf einer Party. Aber so bin ich nur einer von vielen, und nehme mir einfach die Erinnerungen an einen schönen Abend mit, in dem Wissen
nie eine Chance gehabt zu haben.
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