Seitdem Microsoft mit MediaPlayer und automatischen Updates immer mehr Kontrolle ueber meine Rechner uebernehmen will, denke ich ueber einen Wechsel nach. Vor einigen Jahren habe ich mich schon mit Solaris, NetBSD und Sourcery beschaeftigt. Da war eine Inbstallation schon ein Abenteuer und der Betrieb nur etwas fuer Leute, die genau wissen, was sie gerade tun. Zudem war die Unterstuetzung von etwas exotischerer Hardware Glueckssache. Irgendwann hatte ich dann keine Lust mehr, meine Software selber zu uebersetzen und habe mich an den gedeckten Win32 Tisch gesetzt. Doch die Zeiten des 'free lunch' scheinen zu enden. Nachdem mich ein Bekannter dringend darum gebeten hatte, das Vista von seinem neuen Laptop zu kratzen und durch XP zu ersetzen, war mein Entschluss gefasst. So geht das nicht weiter.
Schon vor diesem Ereignis habe ich mir einige Live-Distributionen angesehen. Das sind Linux Distributionen, die auf eine CD gebrannt werden und von dieser CD starten, so dass man sich schon mal einen Eindruck verschaffen kann, bevor man Zeit und Festplatte dafuer opfert. Damals war es aber so, dass die zwar auf einem Desktop ganz gut liefen, von meinem Notebook aber bestenfalls den Bildschirm erkannt haben. Diese Zeiten scheinen vorbei. Ich habe zwei aktuelle Distributionen ausprobiert und bin angenehm ueberrascht.
Der Testaufbau ist ein Dell Inspiron 600m Laptop an einer Dockingstation. Netzwerk gibt es ueber WLAN, stille SSID und WPA2, der angeschlossene Bildschirm hat eine Aufloesung von 1280x1024, externe Festplatten sind ueber USB angeschlossen. Das sollte schon mal alles funktionieren. Bislang gab es die groessten Probleme mit der WLAN Verbindung. Der Intel Chip wurde entweder nicht richtig identifiziert oder musste manuell ueber ndiswrapper eingebunden werden. Das wollte ich eigentlich nicht mehr machen. Wenn Linux auf dem Desktop eine Chance haben will, dann muss so was von alleine Funktionieren.
Der erste Kandidat war das aktuelle
Ubuntu-Linux 7.10. Schon die Live-CD hat einen guten Eindruck hinterlassen, auch wenn der Betrieb eine echte Herausforderung an den Lesekopf war. Alle Geraete wurden auf Anhieb erkannt. Als erstes konnte ich das hoeren, als ich mit ordentlich Laerm aus den Lautsprechern begruesst wurde. Warum muss ein Betriebssystem sich immer mit Musik melden? Selbst die WLAN Verbindung konnte hergestellt werden. Das hat mit SvOllis Nokia770 irgendwie nicht geklappt und das, obwohl mein 770er hervorragen in meinem WLAN laeuft. Aber ich schweife ab.
Die vorinstallierten Programme reichen fuer den alltaeglichen Gebrauch allemal aus. Firefox, Mailprogramm und OpenOffice sind genau das was ich brauche. Viel mehr mache ich mit der Kiste eh nicht. Das Standardmailprogramm ist Evolution, mit dem ich auch auf Anhieb klargekommen bin. Einziges Problem, der Bildschirm wird nicht richtig erkannt. Ich bekomme zwar 1280x1024 Pixel zu sehen, Gnome ist aber der Meinung, der Bildschirm sei nur 1024x768 Pixel gross. Das hat dann zur Folge, dass das untere Panel im unteren Drittel 'schwebt'. Schiebe ich die Leiste aber an die linke Bildschirmseite, dann klappt das wieder. Der Gnome Desktop hat auch einiges seiner Wuchtigkeit verloren. Ich fuehle mich jedenfalls recht wohl.
Die Installation laeuft fast vollstaendig automatisch ab. Am Anfang werden die Basisdaten abgefragt und dann kann man dem Rechner beim Arbeiten zusehen. Keine Fragen, ob man dem Installer denn noch zusieht. Eine halbe Stunde spaeter konnte ich neu starten. Nach der Installation auf die Festplatte meldet sich der automatische Updater und moechte einige Programme updaten. Ich halte ihn nicht zurueck und werde mit einem aktuellen Firefox belohnt. Die APT Paketverwaltung macht es einfach auch andere Software nachzuinstallieren. So konnte ich den SlimServer direkt vom Anbieter installieren und saemtliche Abhaengigkeiten wurden richtig aufgeloest und automatisch mitinstalliert. Und da die Laufwerkverwaltung die externen Platten unter
/media/<name> anmeldet habe ich auch keine Probleme mit wechselnden Laufwerksbuchstaben mehr. Multimediadaten sind nach automatischer Installation der Codecs auch kein Problem. Die Console habe ich nur gebraucht, um mich davon zu ueberzeugen, dass das Netzwerk wirklich korrekt erkannt wurde.
Sollen Systemeinstellungen geaendert werden, wird nach dem Administratorpasswort gefragt. Das ist verwunderlich, habe ich doch gar keins angegeben. Das ist dann auch das Passwort des Hauptbenutzers. Sehr praktisch. Ich bin nicht mal in die Versuchung gekommen, mich als root anzumelden.
In der aktuellen C'T wurde zudem
PCLinuxOS vorgestellt. Eine Linux Distribution, die sich speziell an Desktop Benutzer richtet. Auch dieser Live-CD habe ich eine Chance gegeben. Die Bootzeiten haben sich nichts genommen, allerdings habe ich mich schwer getan, mich in dem KDE zurechtzufinden. Ich muss leider zugeben, dass mir der Gnome Desktop da besser gefaellt. Rein technisch faellt auf, dass das WLAN Interface zwar nicht korrekt erkannt wird aber trotzdem funktioniert. Leider wird kein WPA2 unterstuetzt, damit ist die Distribution schon ziemlich frueh fuer mich durchgefallen. Trotzdem habe ich mich auch an eine Installation gewagt und fuehlte mich sehr an Windows erinnert. Nach dem Partitionieren der Platte wurde um einen Neustart gebeten. Auch als ich dann die Bildschirmaufloesung anpassen wollte musste ich mich ab- und wieder anmelden. Dafuer wurde das grosse Display korrekt erkannt. Bei der Installation wird das Passwort fuer den Administrator festgesetzt und man kann so viele Benutzer angeben wie man moechte. Nach dem Neustart bekommt man auch gleich eine Liste der bekannten Benutzer. Wie praktisch, braucht man nicht raten. Und standardmaessig wird sogar 'root' mit angezeigt. Da fand ich die Ubunto-Loesung eleganter.
PCLinuxOS setzt auf DEB Pakete zur Installation von Software. Man sollte meinen, dass sich die Format nichts tun, allerdings habe ich es nicht geschafft, das SlimServer DEB Paket ueber die Paketverwaltung zu installieren. Da musste ich ueber die Console ran. Und da hat sich dann gezeigt, dass keine Abhaengigkeiten aufgeloest wurden. Kurz und gut, ich habe es nicht zum Laufen bekommen.
Das installierte Programmpaket kann sich trotzdem sehen lassen und bedient sich aehnlich intuitiv wie unter Ubuntu oder Windows. Als Standardmailer wird allerdings auf Firebird gesetzt. Mit dem bin ich noch nie so richtig warm geworden, aber das laesst sich ueber dn Paketmanager einfach aendern.
Zusammenfassend bin ich dann wieder auf Ubuntu zurueckgegangen. Wer sich mit dem Gedanken schlaegt, Windows den Ruecken zu kehren, dem kann ich empfehlen, sich mal die Live-CD anzusehen. Und fuer Benutzer wie mich, die weder Musik machen, Videos drehen noch Bilder malen ist das System nach einer Stunde in einem Zustand in dem nichts mehr fehlt. Und vieles habe ich noch gar nicht ausprobiert. In einer Woche werde ich wohl mal von einer Woche Linux auf dem Desktop berichten.
Kommentare
"Nach der Installation auf die Festplatte meldet sich der automatische Updater und moechte einige Programme updaten. Ich halte ihn nicht zurueck [...]"
Merkste wat?
Klar ist das inkonsequent. Doch der einzige Weg aus der Falle ist es, eine Sourcedistribution zu nehmen, bei der man jedes Paket selber prueft und uebersetzt. Am besten auch noch auf einem anderen Quellsystem crosscompilieren um sicherzustellen, dass keine Schweinereien in der libc vom Linker implizit mitvererbt werden.
Ausserdem habe ich die Moeglichkeit die Quellen der installierten Updates herunterzuladen und selber zu pruefen. Selbst den Installer kann ich selber uebersetzen um sicherzustellen, dass die Anzeige auch wirklich der Realitaet entspricht. Diese Moeglichkeiten fehlen mir in Windows. Das ist fuer mich schon ein Unterschied, auch wenn sich das nicht sofort ergibt.