In schoener Regelmaessigkeit regt sich die Kreativindustrie und startet einen neuen Kreuzzug gegen Raubkopierer und Filesharer. Aktuell
verteidigt die Musikindustrie Massenanzeigen gegen P2P-Nutzer mit den ueblichen Argumenten. Auch im Nutzerforum fliegen die Fetzen und es werden die altbekannten Vergleiche und Analogien gebracht wie eh und je. Das eigentliche Problem an dem ganzen Modell ist meines Erachtens in der Grundlage Betriebswirtschaftlichen Handelns zu finden. Eine dieser Grundlagen ist
Das Knappe Gut, also etwas, das nicht frei verfuegbar ist und daher den Regeln von Angebot und Nachfrage unterliegt. Ein Beispiel fuer ein nicht knappes Gut ist (noch) die Luft zum Atmen. Frueher war auch Wasser ein nicht knappes Gut, das hat sich aber schon geaendert. Nun hat die Medienindustrie aber das Problem, dass ihre Ware nicht mehr knapp ist. Sie ist nahezu beliebig zu vervielfaeltigen und leicht zu beschaffen. Dass damit das Preisgefuege nicht mehr zu halten ist, ist selbst mit einfachem gesunden Menschenverstand nachzuvollziehen. Wie ist dieses Problem nun zu loesen? Entweder man schafft einen neuen Mehrwert, der nicht so einfach zu vervielfaeltigen ist oder man versucht die Vervielfaeltigung zu verbieten, das Gut also kuenstlich zu verknappen. Kann das funktionieren?
Das kann zwar funktionieren, allerdings nur unter erheblichem Aufwand und Imageverlust, wie man es momentan beobachten kann. Und so einmalig, wie die Kreativindustrie ihre Lage selber sieht, ist sie gar nicht. Es gibt eine meines Erachtens durchaus vergleichbare Industrie mit einem aehnlichen Problem, naemlich Baeckereien. Auch sie bieten Produkte an, die der Konsument selber herstellen kann. Der Aufwand ist auch vergleichbar. Man benoetigt die Rohstoffe, Informationen und ein spezielles Werkzeug. Fuer die Medien waeren diese Zutaten Rohlinge, Musikdaten und ein Brenner, bei der Baeckerei sind das Mehl, Rezept und Backofen. Man stelle sich nun vor, dass eine Grossbaeckerei die Rechte am Rezept 'Vollkornbrot aus Hefeteig' fuer sich in Anspruch nimmt und jeden Besitzer von Mehl, einem Rezeptbuch und eines Backofens verklagen will, da diese Zutaten dazu geeignet seien illegale Brotkopien herzustellen! Man wuerde ihn auslachen oder in ein Sanatorium einliefern. Witzigerweise haette der Grossbaecker mit seinem Argument: 'Jedes selbstgebackene Brot ist ein Brot, dass wir nicht verkaufen konnten' sogar noch eher Recht als die Musikindustrie, die aus jedem gebrannten Rohling einem Verkaufsausfall machen will.
Trotzdem gibt es immer noch Baeckereien, ohne dass fuer den heimischen Backofen oder das Paket Mehl eine Baeckereiabgabe gezahlt werden muss. Warum ist das so? Weil mir der Baecker einen Mehrwert anbietet. Ich muss nicht Stunden in der Kueche verbringen um ein Brot zu haben. Zudem ist der finanzielle Unterschied zwischen einem gekauften und einem selbstgebackenen Brot nicht so extrem fuehlbar wie zwischen einem kopierten und einem originalen Datentraeger. Mein Ratschlag und meine Bitte an die Medienindustrie ist demnach, macht das Produkt wieder interessant.
In den letzten Jahren ist die Aufmachung immer liebloser geworden. Ich kann mich an Langspielplatten erinnern, da war vielleicht noch ein Poster beigelegt. Die Liedertexte waren dabei oder die Cover waren selber kleine Kunstwerke. Jetzt hat eine aktuelle CD den gleichen Erlebniswert wie eine Raubkopie. Langweilige Cover und das Booklet ist einem Faltblatt gewichen. Wo ist da der Mehrwert? Wo ist das Alleinstellungsmerkmal? Zumindest im Mainstream sucht man so etwas vergebens. Doch es gibt Ausnahmen abseits der Charts, da beinhalten CDs Gutscheine fuer Konzertbesuche oder Merchandising, da gibt es im Booklet Informationen ueber die Lieder und vielleicht sogar ueber deren Entstehung. Man lernt mehr ueber den Kuenstler als Menschen und so fort. Die Antwort der Musikindustrie darauf war, die Liedertexte aus den Booklets zu verbannen und eine Klagewelle gegen Webseiten die diese Texte verbreitet haben. Doch wer jetzt erwartet hat, dass das nur eine Marktbereinigung war und jetzt das eigene Lyric- und Tabportal eroeffnet wird, der hat sich getaeuscht. Der Markt wird kuenstlich verknappt und die gestiegene Nachfrage nicht einmal befriedigt. Wie dumm kann man sein? Ist das nicht eindeutig kontraproduktives Handeln im eigenen Vorstand? Lieber wird die kuenstlich aufgeblaehte Rechtsabteilung durchgefuettert und es wird Umsatz ohne Mehrwert geschaffen, eine volkswirtschafliche Katastrophe, die die Inflation weiter anheizt. Dankeschoen.
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