- Heh, Kleener, kauf Dir einen Krieg
Bring Knete mit - viel Geld, viel Sieg
Zerstör die Feinde, fahr ab auf Deine Wut
Schieß sie alle ab, dann geht's Dir gut - -- Spliff, "Kill!"
Es gibt Träume, die man als Kind nicht mal wirklich zu träumen wagt. Ich, zum Beispiel, habe mich immer auf den Italienurlaub mit meinen Eltern gefreut. Sonne, Strand, Meer, Bombolone (ein mit Vanillepudding gefüllter Krapfen),
Boccia und Spielhallen. Der grösste Teil meines Ferientaschengeldes wurde in Gettones eingetauscht. Das sind die Münzen, mit denen die Spielgeräte dort gefüttert wurden, wie hierzulande mit 1 DM bzw. 50 Cent Stücken. Die Gettones hatten zwei Vorteile gegenüber Hartgeld: 1. Man konnte einen besseren Kurs bekommen, wenn man viele auf einmal kaufte (einer 250 Lire, fünf für 1000, etc). 2. Sie sahen einfach cool aus. Und so sah mein Urlaubshimmel aus: 50 oder mehr verschiedene Spielhallenautomaten, jedes mit einem anderen Spiel. Nur um eins klarzustellen: ich rede hier von "Bildschirmspielgeräten ohne Gewinnmöglichkeit", wie sich der Gesetzgeber in Deutschland damals ausgedrückt hatte, als er das Spielen daran für nicht volljährige verboten hatte. Spiele, wie die legendären
Pac-Man,
Defender und
Donkey Kong. Fremde Welten, die es zu bezwingen galt.
Und wie ich sie bezwungen habe. Für's Zuhause gab es Umsetzungen auf dem damals gängigen
Commodore C=64, die von "unspielbar schlecht" (Bomb Jack) bis "fast perfekt" (Donkey Kong - in der Neuprogrammierung von 1986) reichten. Aber trotzdem war es halt nie das gleiche wie bei einem Automaten, vor dem man sich aufbauen konnte, wie der Revolverheld bei einem Duell. Joysticks die man nicht selbst festhalten muss, was bei
einigen Spielen auch notwendig war, weil man zwei Joysticks brauchte um sie zu bedienen. Das war das Wahre, das Echte. Nie hätte ich damals auch nur davon zu träumt gewagt, mal so einen Kasten in meinem eigenen Wohnzimmer stehen zu haben.
Doch nun bin ich
groß, und habe mir dennoch eine gewisse kindliche Ader erhalten. Das alles führte dazu, dass nun so ein Arcade-Cabinet besitze, es cool finde und stolz drauf bin. Der Fuchs hat einen Flipper im Keller stehen, aber mich reizen die Videospiele mehr, weil ich in einem Kasten über 100 verschiedene Spiele spielen kann.
Alles begann mit dem Hinweis meines Freundes Ralf, der das
Computer Culture Museum betreibt, und mir schon zu dem einen oder anderem Schätzchen in Sachen elektronischer Spielzeuge verholfen hat, wie z.B. einem
Vectrex. Er meinte ganz trocken: "Ich kenne da jemanden, der alte Arcade Geräte verkauft." Coole Idee, aber warum sollte ich mir so ein Gerät kaufen? Nur weil es cool ist, ein Bestandteil meiner Jugend und ich damit auch wirklich spielen würde? Gut, alles gute Gründe, aber doch etwas außergewöhnlich, schließlich kannte ich niemanden, der sonst so ein Gerät hat. Warum sollte also ausgerechnet ich mir also eins kaufen? Falsche Frage, richtig wäre: Warum sollte ich mir eigentlich nicht so einen Kasten kaufen? Selbst der nötige Platz war nach meinem letzten Umzug da.
Also habe ich mal bei Tobias angerufen und nachgefragt. Er hatte wirklich mehrere Universalgeräte da, das günstigste war ein so genanntes TV-Ideal für 300 DM inklusive einer Spielplatine, das jedoch kein Super-Hit wie "Donkey Kong" oder so sein wird. Klingt gut, weitere Spiele - das hatte ich schon herausgefunden - bekommt man unter anderem über
ebay. Und der wirklich grosse Glücksfall war, dass er in einem Nachbarort wohnt, welches weniger als 30 Autominuten von mir entfernt ist. Jetzt stand nur noch die Frage des Transportes aus, den das Teil hat ungefähr die Ausmaße eines Kleiderschrankes. Ein bisschen kleiner ist er wohl schon, also eher ein Männerkleiderschrank als ein Frauenkleiderschrank.
Aber Björn war glücklicherweise damals das, was ich jetzt bin: nämlich ein begeisterter Kombi-Fahrer. Also ihn mal gefragt, ob er mich mal eben fahren könnte, ich hätte da was aus dem besagten Nachbarort abzuholen, also nicht allzu weit, aber ich bräuchte einen Kombi dafür, weil ich ein Arcade-Cabinet einfach nicht in meinem Vectra, den ich damals fuhr, unterbringen könnte. (Ich hoffe mal, dass er noch weiß, was er damals dachte und postet das hier als Kommentar.) Also fuhren wir an einem regnerischen Dezembertag im Jahre 2000 los, "To boldly go where no man (at least no man I know) has gone before." Ich überfiel die Sparkasse mit gezückter EC Karte, holte die vorher vereinbarten 300 DM aus dem Automaten, und wir fuhren weiter um das Gerät abzuholen. Sein Lager war schon wirklich eindrucksvoll. Es standen da etliche Geräte herum, bis hin zu einigen Geräten mit Original-Artwork in wirklich tadellosem Zustand. Nur leider waren die viel zu schwer für meinen Geldbeutel und außerdem nicht wirklich dafür gedacht da auch mal eine andere Platine einzubauen. Nach einem ausführlichen Rundgang nahm ich schließlich mein Gerät in Empfang und entschied mich als "eingebautes Spiel" für das Fußballspiel "
World Cup '90". Zwar bin ich was Fußball angeht alles andere als ein Fan, aber dieses Spiel versprach Spaß sowohl alleine, als auch zu zweit.
Das Gerät passte genau in Björns Kombi, nachdem die Rückbank umgeklappt war und die Vordersitze noch ein wenig nach vorne gerückt wurden. Der Rückweg war ein echtes Erlebnis. Alles war düster, und der Regen schluckte noch so einiges von dem Licht der Straßenbeleuchtung und der anderen Autos. Mehrfach auf der Fahrt poppten da Fragen in mir hoch wie: "Haben wir da jetzt wirklich eine Arcade hinten drin?", "Was mache ich hier eigentlich?" oder "Bin ich eigentlich bescheuert, mir so etwas zu kaufen?". Ich reichte jede einzelne an Björn weiter, der auch keine guten Antworten hatte.
Endlich angekommen, hievten wir das Ding, welches alles andere als leicht war, die Treppe hoch. Was für ein Glück, dass ich im Parterre wohne. Als wir endlich mit dem Teil in der Wohnung waren war es immer noch ein weiter Weg bis zu der Ecke, wo es denn nun hin sollte. Aber ich hatte vorgesorgt. Ich hatte mir mal ein "Möbeltransportset" bestehend aus einem Hebel und vier Rollen gekauft, und das sollte nun eingeweiht werden. Die Rollen hatten eine Tragkraft von 150kg. Jede einzelne, also sollte das Gerät, welches wohl so ca. 60-80kg wiegt kein Problem sein. Leider hatte ich das wohl etwas anders verstanden, als es gemeint war. "Tragkraft" von 150kg bedeutet wohl: bei 151kg bricht es zusammen. Rollen ist schon mit 20kg pro Rolle nicht mehr drin. Also durften wir das schöne Gerät auch noch quer durch die komplette Wohnung tragen. Irgendwie - ich habe mittlerweile erfolgreich verdrängt wie - ist es dann auch angekommen, wo es denn nun hin sollte und auch heute noch steht. Da hatte ich mir wirklich mal ein tolles Weihnachtsgeschenk gemacht.
Zur Belohnung haben wir dann erst mal eine Runde gespielt, und ich habe gewonnen. Was auch sonst? ;-)
Alles das wo es um Reflexe beim Spielen geht, habe ich meist die Nase von, der Björn macht mich dafür bei allem platt, was mit Strategie zu tun hat.
Über die diversen Innenleben meiner Arcade berichte ich später mal.
P.S.: Ich habe kurz vor Fertigstellung des Artikels noch eine E-Mail von Tobias bekommen. Er hat mittlerweile komplett mit den Arcadegeräten aufgehört und alles verkauft. Schade eigentlich.
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