- Henry Blake ist ein guter Arzt und ein prima Kumpel. Als befehlshabender Offizier aber... nun, das ist etwa so, als wenn man auf einem sinkenden Schiff wäre, auf die Brücke rennt und plötzlich erkennen muss, dass Donald Duck der Captain ist.
- -- Hawkeye Pierce, "M*A*S*H*", "Lieber Papa, mir geht es gut"
Ich mag M*A*S*H. Egal ob es sich dabei um das Buch, den Film oder die Serie handelt. Die Geschichte über die Feldchirurgie im Koreakrieg, bei der die Ärzte Blödsinn anstellen, um nicht völlig durchzudrehen hat etwas ganz besonderes. Vordergründig lacht man über die Aktionen, die dort durchgezogen werden, aber trotzdem hat die Story einen beachtlichen Tiefgang.
Eine Szene, die mir aus dem Buch besonders in Erinnerung geblieben ist, ist folgende: einer der Chirurgen, Hawkeye hat einen Patienten, den er auf dem OP-Tisch zusammengeflickt hat, der aber einfach nicht genesen will. Es will sich keine Erklärung finden lassen, weshalb Hawkeye ihn nach einigem hin und her trotz des erhöhten Risikos ein weiteres Mal aufmacht, und feststellt, dass er einen Granatsplitter übersehen hat. Während der ganzen Zeit sind zwei Kameraden und gute Freunde von dem Patienten im Camp, die sich häufig nach seinem Gesundheitszustand erkundigten. Nachdem nun raus war, wo das Problem lag, traf er die beiden im Offizierskasino. Ihm ging durch den Kopf, dass für ihn wohl jetzt eine Tracht Prügel an stand, weil er fast ihren Freund umgebracht hat. Aber das genaue Gegenteil war der Fall, die beiden konnten sich nicht genug bei ihm bedanken. Fassungslos fragte der Chirurg nun zurück, ob das wirklich ihr Ernst sei, schließlich hätte er ihren Freund fast umgebracht. Aus ihrer Sicht sah die Sache etwas anders aus: er hätte zwar vielleicht den letzten Granatsplitter beim ersten Mal finden können, aber die Art und Weise, wie er sich um seinen Patienten gesorgt hat, und ihn dann doch am Ende gerettet hat wiegen den Fehler durchaus auf.
So viel zu M*A*S*H* und der Vorgeschichte, nun zu mir und dem eigentlichen Schwank aus der Jugend. Ich war mit meinen Eltern in Berlin um Verwandte zu besuchen. Auf dem Rückweg durfte dann ich mit Papas Wagen fahren. Mein Führerschein war noch frisch, und ich hatte kein eigenes Auto, deshalb habe mich auf die Tour von Berlin nach Hause gefreut. Auf der Strecke gab es dann einen Stau, den ich aus der Entfernung nur für zäh fließenden Verkehr gehalten habe, weshalb ich nur ein wenig angebremst hatte. Zeitgleich bemerkte ich meine Fehleinschätzung, trat voll in die Eisen und mein Vater rief: "Brems endlich!" Mit quietschenden Reifen ging es dann auf das Stauende zu, der Wagen kam mit ungefähr einen Meter Abstand zum Fahrzeug vor uns zum Stehen. Links und Rechts neben den Kotflügeln zog Rauch noch oben. Ein Bild, das ich wohl nie vergessen werde: es war alles noch mal gut gegangen. Gerade so eben.
Nachdem wir dann angekommen waren, verzog ich mich erstmal auf mein Zimmer. Eine ganze Weile später kam dann mein Vater zu mir mit ernstem Gesicht. Für mich war klar, jetzt gibt es richtig Mecker, weil ich sein Auto fast zersägt habe. Eine wirkliche Überraschung war für mich, was er dann gesagt hat: "Das war klasse reagiert. Gut gemacht." ich war baff. Ich argumentierte, dass es eigentlich gar nicht so weit hätte kommen dürfen, und dass ich ihm fast seine Reifen ruiniert, sprich eckig gebremst, habe. Seine Antwort war knapp, logisch und treffend: "Reifen sind billiger als Blech und außerdem schneller auszutauschen." Da konnte ich nicht widersprechen. Trotz allem konnte ich mich weiterhin nicht als Held fühlen, der den Tag gerettet hat. Wie wohl auch Hawkeye, an dessen Story mit dem "Lob statt Prügel im Offizierskasino" ich mich etwas später wirklich erinnert habe. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte ich seine Sicht der Dinge nie verstehen und hielt sie sogar für unrealistisch. Jetzt nicht mehr.
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