- Scheine bitte, ich will nichts klimpern hören.
- -- Rio Reiser, "Geld (Extended Valute Mix)"
Der ehemalige Siemens-Chef Pierer fordert eine niedrigere Lehrlingsvergütung. Der angeführte Grund ist klar und verständlich: die Betriebe sollen entlastet werden. So weit so gut. Nur ist es meiner Meinung nach doch etwas vermessen, dass gerade ein ehemaliger Siemens-Chef so etwas fordert.
Das ist ein Mann von dem ich annehme, dass er in einem Monat mehr an Spesen raushaut, als ein Lehrling in einem ganzen Jahr für das Bestreiten seines Lebensunterhalt - inklusive Wohnung - zur Verfügung hat, von Nebenjobs mal abgesehen. Das hat für mich immer den Beigeschmack von Wasser predigen und selbst Wein trinken.
Mit seiner weiteren Forderung nach einer besser abgezielten Ausbildungsplatzangebot hat er auch durchaus Recht. Aber sollte man da nicht gleich alles mit einbeziehen? Er behauptet, dass es keinen Sinn macht Schlosser auszubilden, wenn man IT-Fachkräfte braucht. Nur kenne ich auch genug Firmen, die im IT-Bereich ausbilden, weil sie sich voll ausgebildete Fachkräfte nicht leisten können oder wollen. Wenn die Stelle dann nach drei Jahren wegen einer abgeschlossenen Ausbildung wieder frei wird, kommt halt der nächste Azubi, ohne dass der letzte eine Chance hat irgendwo unter zukommen, und dann halt erstmal Hartz-IV beantragen muss. Das geht soweit, dass sich Azubis im letzten Lehrjahr absichtlich durchfallen lassen, damit sie noch ein Jahr weiter wenigstens etwas Gelderwerb haben. Mit dem Wissen und Einverständnis der Betriebe selbstverständlich, so kann halt die schon gut ausgebildete Fachkraft ein weiteres Jahr zu sehr günstigen Konditionen gehalten werden.
Stimmt schon, das für die richtigen Berufe ausgebildet werden sollte, aber es ist genauso sinnlos, dass im Moment genauso viele Leute Jura studieren, wie es überhaupt Anwälte und Richter gibt, die ihren Beruf ausüben. Was hat man davon? Die Leute, die nun nicht an einen Posten in einer Kanzlei oder einem Gericht bekommen, müssen halt zusehen, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen.
Mit Abmahnungen zum Beispiel. Es gibt Länder, da trägt die Kosten für die erste Abmahnung, der Abmahnende selbst, und erst die zweite der Abgemahnte. Klingt für mein Laienohr durchaus sinnvoll. Will ich mein Recht durchgesetzt wissen, kostet es mich Geld. Erst wenn die Gegenpartei daraus nichts lernen will, soll sie auch dafür bezahlen. In Deutschland wird das dementsprechende Gesetz natürlich nicht geändert, sonst wäre ja der Konkurrenzdruck im Juristentum noch stärker.
Aber, Herr Pierer, es ist natürlich einzusehen, dass man besser die gängelt, von denen die geringste Gegenwehr zu erwarten ist. Wenn man zum Beispiel bei den Lohnnebenkosten etwas drücken wollte, müsste man sich ja mit der Regierung, den Krankenkassen und anderen Großverbänden anlegen.
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