- Ich bin, als wir im Studio waren, viel in Clubs gegangen und habe mir die Leute angeschaut, die da feiern, einfach deshalb, um Wirklichkeit zu tanken, um Input zu bekommen für meine Texte. Ich stand da und dachte: Oh, Mann. Die kleinen Zwanzigjährigen. Wie eine Sonnenbank und ein Azubi-Platz bei H & M einen Lebensinhalt ausmachen können.
- -- Jan Delay war in der Disco
Letzte Woche war ich beim N8-Flug, der am letzten Freitag des Monats in der
Meier Music Hall stattfindet. Das war bisher immer eine sehr angenehme Veranstaltung. Grundsätzlich sind dann quasi "alle", die man so kennt, da, die Musik ist recht angenehm, so dass man sich in den meisten Fällen auch wirklich drauf freut. Mit dieser Erwartungshaltung ging ich auch dieses Mal wieder hin. Was ich nicht mehr auf dem Schirm hatte war, dass es das einjährige Jubiläum war.
Kann ja nicht so schlimm sein, sollte man meinen. Nun ja, hätte es ja auch nicht sein müssen. Nur leider war einer der DJs so drauf, dass er mitten in den Liedern via Mikrofon Nachrichten an sein Publikum verbreitete, wie zum Beispiel, dass er es scheiße findet, dass so wenig Leute tanzen zu dem was er da auflegt. Das meiste konnte ich aber eh nicht verstehen, weil er so ins Mikro genuschelt hat. Das ganze hatte niedrigstes Volksfestniveau, noch unter dem Autoscooter. Mich hätte es auch nicht mehr überrascht wenn er irgendwann bekannt gegeben hätte: "die nächste Runde wieder rückwärts." Etwas später wurde es mir dann zu blöd, und ich habe den Karussellbremser darauf hingewiesen, dass sein Reingelaber nervt. Die Antwort ließ mich sprachlos zurück: "Ich mache das nur, weil so wenig Leute tanzen. Sobald mehr tanzen höre ich auch damit auf, ich schwöre."
Wie kann man nur so blind sein, Ursache und Wirkung zu vertauschen? Obwohl wenn ich drüber nachdenke, eine ordentliche Portion Ego reicht da eigentlich schon aus. Und auch wenn er Ahnung von der Szene haben mag, von Musik hat er sie nicht, oder er ignoriert sie schlichtweg. Es gab um ein Uhr eine Aktion, bei der er einen Walzer, wie er sagte, spielte und Paare, die dazu tanzen, etwas gewinnen konnten. Schön wäre es gewesen, wenn er im Vorfeld auch gesagt hätte, um was für einen Walzer es sich handelt, denn circa die ersten drei der über neun Minuten dieses Stückes bestanden nur aus einem Intro bei dem man nicht erkennen konnte, um was es sich denn eigentlich handelt. Es war ein Wiener Walzer, und es tanzten beeindruckend viele Leute. Allerdings hatte die
Granate von DJ da ein Stück rausgesucht, welches vor unwahrscheinlich schwierigen Tempowechseln nur so strotzte. Vermutlich ging die Auswahl des Liedes ungefähr so von statten: "was ist der längste Walzer, den wir da haben?" Und als Krönung kommentierte er die Aktion mit Sätzen wie "ich bin ja nur zur Tanzstunde gegangen um was zum Ficken zu finden". Und die asoziale Assoziation "Tanzstunde gleich Ficken" brachte er gleich drei mal.
Die "Performance" die um zwei Uhr noch stattgefunden hat, habe ich schon nicht mehr miterlebt. Wenn ich nackte Frauen bei SM Spielen sehen wollen würde, dann würde ich auf eine Fetischparty oder eine Sexmesse gehen. Alles in Allem war dies eine Veranstaltung, wie ich sie sonst nur auf "Ballerman-zu-hause"-Parties in den absoluten Prollschuppen erwarten würde. Es war der mit Abstand schlechteste Abend, den ich jemals im Meier erlebt habe.
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