Gestern habe ich mich mal wieder auf ein Konzert getraut. And One haben im Capitol gespielt und ich bin immer mehr der Meinung, dass das Capitol endlich echte Konkurrenz braucht. Dieser Laden ist bei Konzerten eine tontechnische Katastrophe. Das Mischpult kann man sich fast schenken, alle Regler nach oben und gut ist. Wer kann sich noch an uebersteuerte Kassettenaufnahmen erinnern, wenn Baesse und laute Passagen sich langsam in Klangbrei verwandeln? Genau dieses Feeling kommt dort auch wieder auf, wahrscheinlich als Kotau vor den Leuten, die in den 80ern gross geworden sind. Besonders witziges Detail, schuetzt man seine Ohren ein wenig vor dem Laerm, um am naechsten Tag auch noch was hoeren zu koennen, wird einem das Trauerspiel erst richtig offenbart. Man kann das abgeschnittene Plateau foermlich vor dem inneren Auge sehen. Da frage ich mich, ob der Anteil fuer die Veranstalter nach Lautstaerke abgerechnet wird. Doch genug meines Lamentos, kommen wir zum Eigentlichen.
Vorankuendigungen und Eintrittskarte schreiben von einem Konzertbeginn um 21:00 Uhr. Eine Stunde spaeter als ueblich, laesst aber hoffen, dass es keine Vorband gibt und die Titelhelden dafuer mal ein bisschen laenger spielen. Auf der Buehne ist auch schon alles vorbereitet, nur haengen da auch noch ein paar Planen fuer 'Obscene Trial' herum. Na gut, gibt wohl doch eine Vorgruppe. Und die ist gar nicht mal so schlecht, ein lustiger Mix aus Elektropop und EBM. Leider hat die getragene Stimme des Saengers nicht so hundertprozentig zur Musik gepasst. Sollte aber ausbaufaehig sein, vielleicht sogar mal Funker Vogt mit Abwechslung. Es wurde sogar um Zugaben gebeten und der Wunsch wurde erfuellt und beim Abgang wurde viel Spass mit dem Hauptact gewuenscht. Also langsam nach vorne arbeiten und mit Freuen anfangen.
Huch, wieso wird denn da ein Synthie auf die Buehne gestellt? Und warum ist Steve so dick geworden? Weil es weder Steve noch And One waren, die dort auf der Buehne standen. Wer es nun war, hat sich mir nicht erschlossen. Der Saenger hat das zwar auch mal bemerkt, doch irgendwie sind die Namen dieser Elektronikbands so phantasievoll, dass man sie nur in der Schriftform versteht. Fast schon aergerlich, da ich diesmal die Mischung schon passender fand. Die geroechelte Stimme hat gut zum harten Beat gepasst und der Mann am Synthie hatte genug Qualitaet in seiner Buehnenshow um als deutscher Vince Clarke durchzugehen. Nur war das nicht das, wofuer ich mich zum Veranstaltungsort begeben hatte. Diesmal gab es keine Zugabe, dafuer eine ewige Pause.
Um 23:00 Uhr begaben sich dann die Hauptdarsteller auf die Buehne, begleitet von frenetischem Jubel der Menge. Und obwohl ich eigentlich ziemlich angefressen war von den Tricks mit zwei Vorbands und nerviger Wartezeit, habe ich ihnen schnell verziehen. Es gab genau das was ich erwartet habe. Ein Konzert bei dem nicht nur die Titel des neuen Albums heruntergespielt wurden, sondern fast eine Werkschau der Clubklassiker und Perlen. Auch fuer SvOlli war etwas besonderes dabei. Drei Jahre musste er auf ein live dargebotenes 'Schwarz' warten, gestern hat er es bekommen. Nach knapp anderthalb Stunden zogen sich die Musiker dann zurueck um das alte Zugabe-Spiel zu zelebrieren. Zwei Stuecke spielen, wieder auf Zugabe-Rufe warten und noch mal Technoman nachlegen. Ein guter Abschluss, der mich zufrieden, wenn auch nicht begeistert zurueckgelassen haette, wenn..
Ja wenn das das Ende des Konzerts gewesen waere. Es wurde nun noch mal eine Schaufel nachgelegt. Ein Medley aus Mitsingstuecken hat die Menge noch mal richtig aufgeheizt. Das war auch noetig, denn die neue Single Traumfrau, die dann vorgestellt wurde, hatte fast Downerqualitaet. Zum Abschluss wurden dann noch a-capella Versionen von Klaus und Pimmelmann mit der Halle gesungen, die dann aus Zufriedenheit Begeisterung gemacht haben. Wann erlebt man schon mal ein Konzert, bei dem die Zugabe nicht das Ende sondern die zweite Haelfte einleitet?
Doch drei Dinge trueben die Erinnerung ein wenig. Zum einen die oben genannte Klangqualitaet, dann die Parts bei denen Chris die zweite Stimme groehlt und damit perfekte Lieder versemmelt und die Tatsache, dass sich das Konzert ohne Not bis 1:00 Uhr hingezogen hat. Wenn man von frueh auf auf den Beinen ist, ist irgendwann einfach die Luft raus. Am Samstag mag das ja okay sein, oder wenn man am Nachmittag noch mal eine Muetze Schlaf bekommt. Aber wahrscheinlich werde ich einfach zu alt und sollte mich lieber nach einem Opernticket umsehen.
Kommentare
Und das wirkliche Highlight war die zweite Zugabe, in der And One einen Megamix aus ungefähr sechs Klassikern spielten. Das "rockte" bei weitem mehr als der sonstige Turnus Lied - Ansage - nächstes Lied - nächste Ansage. Mehr davon, bitte!