- Ich habe ausversehen Sehnsucht nach Dir,
doch ich will nicht, dass jeder gleich weiß,
was ich denk und was ich fühl und überhaupt
reicht's wenn auf der Bühne einer entgleist.
Gefühle vor andern breitzutreten,
das ist einfach nicht meins.
Für die unglücklichen Liebeslieder
sorgt hier die Kollegin allein.
- -- Weber / Beckmann, "Ausversehnsucht"
Manchmal möchte man sich etwas besonderes gönnen. Mein Chef stichelte schon über meinen noch reichlich vorhandenen Resturlaub. Eigentlich wollte ich ja in Urlaub fahren, aber da fehlte mir leider die entsprechende "jemand" zum Mitnehmen, und die einzige Idee, die ich für einen Urlaub alleine hatte, wurden leider durch den früh einsetzenden und ebenso früh endenden Sommer zunichte gemacht.
Seitdem ich vor ein paar Monaten ein Kostprobe des Duos
Weber / Beckmann sah, laut Aussage von Frau Weber ein Drittel-Programm, wollte ich mir immer mal ein vollständiges Programm ansehen. Leider konnte ich bisher nur Termine in weiter Distanz ausmachen. Also habe ich beschlossen, mir das Programm in Berlin anzusehen. Die Stadt ist von Hannover aus gut zu erreichen, und für mich recht interessant. Ich entschied mich für den Auftritt am Sonntag. So bleibt mir ein Großteil des "normalen" Wochenendes erhalten, und ich gönne halt einfach einen ganzen Tag meines Resturlaubs und mache den Montag frei, so kann ich dann gemütlich dort übernachten und am nächsten Tag dann fit zurückfahren. Als Leute in meinem Umfeld von meinem Plan erfahren haben, wollten sie wissen wofür: "Weber / Beckmann? Was ist denn das?" - "Schwer zu beschreiben. Wenn ich es dennoch mit einem Wort machen müsste, wäre es Kabarettchanson", war dann stets meine Antwort. Gut, auf den Plakaten in Berlin stand dann Chansonkabarett, lag ich also gar nicht so falsch.
Die Zeit zwischen Ankunft in Berlin und dem Beginn des Programmes wurde mit einem Treffen mit "
Kollege Kulturstau" ausgefüllt. (Wie hat Dir denn nun "Children Of Men" gefallen?)
Als es dann endlich losging, also der Einlass, war ich ziemlich weit vorne dabei, dank der höchstpreisigsten Platz-Kategorie und meines frühen Erscheinens. Die Zeit bis zum Beginn der Darbietung verbrachte ich damit wieder mal einen Artikel für "
unser Herzblut" zu schreiben.
Nun ging es aber wirklich los, also mit Klavier, Schnipsen und Gesang, in dieser Reihenfolge. Ich kannte die Lieder des Programmes nun schon von einer kopierten CD (Hallo liebe GVU, die CD habe ich mir ausgeliehen, und dann selbst kopiert. Das ist zur Zeit noch legal, ätsch!) aber live sind sie doch noch mal eine ganze Klasse besser als auf den ohnehin schon guten Tonträgern. Dies lag unter anderem an der hervorragenden Ausleuchtung. Selten habe ich jemanden so gut "in richtige Licht" gesetzt gesehen. Der Ton stand dem in nichts nach, leider fällt ist mir das erst im Nachhinein aufgefallen, dass er perfekt war, und es, im Gegensatz zu "
And One" zwei Tage zuvor, nichts zu meckern gab.
Sehr schön ist auch die Kommunikation der Beiden zuwischen den Liedern. Der trockene Art, mit der Herr Beckmann seine Partnerin von Anfang an an der kurzen Leine hält, merkt man zwar an, dass es für die Bühne ist, und nicht aus dem Privatleben, aber gerade deshalb kann man herzhaft darüber lachen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Am meisten habe ich mich über "zwei drüber" amüsiert: "eins drüber ist stark übertrieben, zwei drüber ist ein Weber". Wer das Programm schon gesehen hat versteht mich, wer es noch sieht, wird mich dann verstehen. Und die Lieder zwischen den Gesprächen der Beiden sind ein bunter Mix aus Liedern, die schön lustig sind, und welchen, die schön ans Herz gehen. Gerade bei letzteren fand ich es etwas schade dass ich ohne weibliche Begleitung war.
Die Vokal-Soli der Sängerin sind schon auf CD sehr beeindruckend, doch wenn man sie auch noch live bei der Sache sieht, fällt einem auf, dass mit Ton alleine nicht alles ist. Überhaupt ist das Spiel der Gestik und noch mehr der Mimik eine unwahrscheinliche Aufwertung der Musik. Und das gilt in gleichem Masse für jeden der Beiden. Mein Favorit in dieser Hinsicht ist "Du und ich und der Mond". Ich liebe diesen desorientierten Blick, und wie oft sie versucht, die letzte Zeile anzusetzen.
Noch mal zurück zu den Vokal-Soli: das Solo im Lied "Schnittmenge" war um Welten besser als auf der CD. Nur fand ich es schade, dass der Song "Sprung in der Platte" aus dem letzten Programm "kurz vor unendlich" vom regulären Programm in die Zugabe gewandert ist. So geht das unwahrscheinlich geschickt gesetzte Zitat "alles wiederholt sich tausendmal" aus diesem Lied in dem Stück "Dilemma" leider etwas unter. Andererseits handelt es sich aber auch um ein Programm und nicht ein "Best Of".
Etwas ärgerlich war nur, dass ich dem Programm so aufmerksam gefolgt bin, dass ich es vergessen habe, Bilder zu machen. Ich schiebe das mal auf die Qualität des Programms, und werde das beim nächsten Besuch, wenn sie am 22. und 23. März 2007 in Langenhagen vor den Toren Hannovers spielen, nachholen.
Abschließend bleibt mir nur festzustellen: ich hoffe im nächsten Programm wird Frau Weber es schaffen ihrer frechen Klavierbegleitung etwas mehr Paroli bieten zu können. Bei den Dialogen ist es doch sie, die auffallend mehr einstecken muss.
Nach dem Auftritt war mir noch vergönnt, Christiane und Timm noch persönlich kennenzulernen, und festzustellen, dass sie sich - auch im Umgang miteinander - ohne Bühne gänzlich anders verhalten. Und, liebe Christiane, gerade bei "Das Auslaufmodell" finde ich, dass es gerade den besonderen Reiz ausmacht, dass eben der konkrete Name nicht genannt wird, aber jeder ganz genau weiß wer gemeint ist. Und das ist so konkret, dass es mir bis dahin noch nicht mal aufgefallen ist, dass im Lied etwas "fehlt".
Ach ja, und wenn ich mal zusammenrechne, was mich diese Tour gekostet hat: Sprit, Übernachtung, Karte und CDs, dann fällt mir auf: es war nicht ganz billig und trotzdem jeden einzelnen Cent wert.
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