- Wenn ich dich brauch', greif ich auch mal
zum Telefon und wähl deine Nummer,
doch dann gehst du nicht ran.
Dein Automat ist am Draht
und informiert mich knüppelhart,
dass du jetzt ruhe brauchst und gibt mir einen Rat:
Ruf dochmal nicht an!!!
- -- Spliff, "Telefon-Terror"
Durch meine Arbeit als Hilfskraft im Rechenzentrum habe ich die Workstations von SUN schätzen gelernt. Was lag da also näher als sich über Onlineauktionen und Foren nach einer eigenen Maschine umzusehen. Meine eigene SUN Workstation, das ist doch was. Nachdem ich schon meine ersten SUNs gekauft und teilweise auch wieder verkauft hatte, sprang die automatische Suche auf eBay auf ein sehr ungewöhnliches Objekt an. Meine Suche war auf "SPARC" im Volltext eingestellt, so dass auf einmal eine Telefonbankinganlage auf der Liste stand. Das hat mich doch arg verwundert, allerdings nur so lange bis ich den Text gelesen hatte. Das Herzstück der Telefonbankinganlage bestand aus einer SPARC Classic, und drei weitere SPARCstation 5 wurden als Terminals mitversteigert. Startgebot: 100DM. Insgesamt 4 SPARC Rechner für 100DM war wirklich ein verlockendes Angebot. Die Entfernung waren ca. 250km, was auch nicht zu vernachlässigen war, da nur Selbstabholung möglich war. Ich habe ein bisschen drauf geboten. Als einziger. Das Teil gehörte mir, hoppala!
Nun stand aber die Abholung an. Mit meinem Polo war da natürlich nichts zu machen, also musste wieder mal der Fuchs mit seinem Kombi ran. Also fragte ich ihn: "Sag mal, hast Du Bock, Dir eine SPARCstation 5 zu verdienen? Dafür müsstest Du mich ca. 250km chauffieren, ich zahle den Sprit für die Rücktour, Du den für den Hinweg. Ich habe mir gerade eine Telefonbankinganlage gekauft." Selten guckte er so unintelligent wie da. Natürlich schlug da auch sein RZ-HiWi-Herz am rechten Fleck, und er konnte nicht wirklich nein sagen.
Also wurde ein Termin vereinbart, und wir begaben uns zu dem besagten Geldinstitut. Praktischerweise konnte ich dort gleich noch die 100DM für die Kaffeekasse der dortigen IT aus dem Automaten ziehen. Der Empfang war sehr freundlich, auch ein wenig aus Verlegenheit. Die Verantwortliche für die Auktion hatte sich verzählt. Es gab drei Monitore, also ging sie auch von drei SPARCstation 5 als Terminals aus. Leider war der dritte Monitor für den Server. War aber nur halb so schlimm, immerhin gab es halt eine fünfer für den Fuchs und eine für mich.
Als kleine Entschädigung durften wir noch mal durch den "Rumpelkeller" gucken, ob wir noch etwas finden, was wir für sie "entsorgen" würden. Er war schon ein Spaß, besonders als die Gesichter der Admins blasser wurden, als ich plötzlich eine Tastatur für ein Kontoterminal in der Hand hatte: "Eh, Björn, wär das was für Dich?" Zur Information: Die PIN-Abfrage wird innerhalb der Tastatur geregelt und dürfte wohl als "geheim" klassifiziert sein. Ich fand da noch ein süsses externes CD-ROM Laufwerk, für dass es - ausser für DOS - keine Treiber gibt. Ich beschloss: das ist mein CD-Player für das Wohnzimmer. Die Optik erinnert mich an meinen ersten Kassettenrecorder.
Nun galt es aber den ganzen Kram ins Auto zu schaffen. Der "Kleinkram" wie die SPARCstations war ja recht einfach zu verstauen, aber der 19"-Schrank hat uns echt Kraft gekostet. Immerhin haben wir ihn am Stück und ohne Kratzer (am Fahrzeug) oder sonstige Verluste ins Auto gehievt bekommen. Rein schon... Die Rückfahrt verlief ereignislos, abgesehen von einem Halt zum Tanken und einen bei einem schottischen Feinschmeckerrestaurant.
Wieder in der Heimat angekommen haben wir auch den Schrank wieder raus bekommen, ohne Schäden am Fahrzeug zu verursachen. Jetzt musste er nur noch über die ca. 10-20 cm hohe Bordsteinkante. "Hauruck"... und nichts tat sich. Also nochmal... wieder nichts. Wir erlangten zu der bitteren Erkenntnis, dass wir eher die Leiste gebrochen und die Bandscheibe vorgefallen bekommen, als diese Kiste über die Bordsteinkante. Was tun? "Da bleibt nur eins: wir zerlegen das Ding gleich hier auf dem Parkplatz und tragen die Einzelteile rein." Dieser Vorschlag meinerseits erntete breite Zustimmung bei allen Anwesenden, also dem Fuchs. Schnell mal das Werkzeug aus der Wohnung geholt und die mit dem Aufschrauben angefangen. Das Tapedeck - ja, die Ansagen kamen da wirklich noch im wahrsten Sinne des Wortes "von Band" - krallte sich Björn. Ich habe mich nie wirklich für Musikkassetten interessiert, also war mir das egal. Das fette Lüfterarray hat er sich auch abgegriffen, es schlägt nach seinen angaben jeden Ventilator.
Für mich blieb der Rest: Zu erst mal viel Schrott, der für die Eingebaute Telefonanlage zuständig war. Das Herzstück des Servers war, wie gesagt, eine SPARC Classic. Diese war tief in einen 19" Schrank eingebaut. Die Bauweise erinnerte ein wenig an eine Borg-Assimilation. Sämtliche Geräte wurden am externen SCSI-Port angeschlossen, an einem ca. fünf (!) Meter langen Kabel. Die Festplatte wurde - wie hoch und heilig versprochen - gleich als erstes formatiert. Hallo Datenschutz!
Die beiden SPARCstation 5 waren absolute Minimalausstatung: 70MHz Prozessor und 16MB RAM. Spaß mit diesen Geräten fängt aber nicht unter 64MB an. Glücklicherweise konnte der Fuchs etwas später das passende - und sehr schwer zu bekommende - RAM in einer Auktion auftreiben. Meine SPARCstation 5 wurde, da ich noch eine SPARCstation 20 mein eigen nenne, meine Spiel- und Bastelkiste. Ich habe da *alles* drauf ausprobiert, was ich nur für die SPARC-Architektur bekommen konnte. Diverse Solari (oder wie ist der Plural von Solaris?), etliche Linux-Distributionen und auch mindestens zwei BSDs. Die SPARC classic wurde als Diskless Terminal an meinen Linuxserver gehängt, und diente so recht effektiv als Gästerechner.
Was ist auf den restlichen Teilen geworden? Die Telefonanlagenplatinen rotten in meinem Keller so lange vor sich hin, bis ich sie dank der anstehenden Gesetzesänderung kostenfrei zum Recyclen tragen kann. Das CD-ROM Laufwerk ist immer noch mein CD-Player im Wohnzimmer. Sämtlich SPARC Rechner sind mittlerweile einer Sinnfrage zum Opfer gefallen: als ich mal wieder die Jahresabrechnung der Stadtwerke habe ich beschlossen, die Funktionen, die zu diesem Zeitpunkt auf ca. sieben Rechner verteilt waren - von denen fünf ständig liefen - auf so wenig wie möglich zu zentralisieren. Nun gibt es in meinem Kellerregal eine kleine aber feine SPARC-Ecke, wo noch mindestens drei funktionstüchtige SPARCstations und Geschwister stehen. Meine Stromrechnung hat es mir gedankt. Den nackten 19" Schrank habe ich dann kurze Zeit später wieder bei eBay versteigert - für knapp über 100DM.
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