Beides sind Glaubensfragen die unheimlich schwer zu diskutieren sind. Ich stehe beiden Themen fuer mich speziell eher ablehnend gegenueber, was manchmal recht anstrengend sein kann. Ich halte Religion im persoenlichen Rahmen vergleichbar zur Mitgliedschaft in irgendeinem anderen Verein, wie zum Beispiel einem Schuetzenverein. Es geht um Gemeinsamkeit und diese wird durch ein gemeinsames Weltbild und geteilte Rituale gefestigt. In der Kirche sind das die Goettlichen Regeln des Zusammenlebens und die Sakramente und im Schuetzenverein sind das gemeinsames Interesse am Sport, Vereinsabende und Turniere. Ich habe mit beiden Lebensarten kein Problem, so lange mein Leben davon nicht agressiv beeinflusst wird.
Was ist agressive Beeinflussung?
Fuer manche ist das bei der Kirche das Glockengelaeut und beim Schuetzenverein das laermende Schuetzenfest. Das ist fuer mich einfach eine Begleiterscheinung, die zwar laestig sein mag, mich aber nicht direkt beeinflusst. Sollen sie halt ihren Spass haben. Das Problem faengt fuer mich dann an, wenn diese Ansichten missionarisch nach aussen getragen werden. Ich bin weder Kirchen- noch Schuetzenvereinsmitglied und habe auch wenig Interesse das zu aendern. Ich will auch Niemanden davon ueberzeugen, aus einer der Gemeinschaften auszutreten. Dafuer erwarte ich allerdings auch, dass mich niemand versucht mich zu zwingen dort Mitglied zu werden.
Gerade in laendlichen Gemeinden ist dieser Druck nicht zu unterschaetzen. Es gehoert sich halt so, dass man regelmaessig zur Kirche geht und in mindestens einem Dorfverein Mitglied ist. Ansonsten macht man sich verdaechtig. Die Kirchen versuchen sich sogar in mein oeffentliches Leben einzumischen. Der Gottbegriff hat
nichts aber auch gar nichts in einer Verfassung zu suchen. Eine der grossen Errungenschaften der Aufklaerung ist die Trennung von Kirche und Staat. Diese Errungenschaft moechte ich nicht aufgeben. Es ist schlimm genug, dass es Einrichtungen wie die Kirchensteuer gibt. Schaut man ueber den grossen Teich, bekommt man sogar den Eindruck, dass sich dort die Schuetzenvereine in das oeffentliche Leben einmischen wollen und auch Nichtmitgliedern sagen moechten, wie sie sich zu verhalten haben.
Unterhaelt man sich mit solchen missionarischen Leuten, kommt man sehr schnell in Argumentationsschwierigkeiten, da sich grade Glaubensfragen nicht rational belegen lassen. Ich goenne es ja jedem, wenn er seinen Frieden in Gott findet, doch mein Frieden ist nicht dort. Leider kann man solche Gespraeche seltenst mit einem 'Nein Danke' beenden. Damit fuehlt der Gegenueber nur, dass man die wahre Groesse nur noch nicht erfahren habe und das ganz dringend nachgeholt werden muss. Nein, muss es nicht. Ich brauche nicht zu meinem Glueck gezwungen zu werden.
Auf dieser argumentatorischen Schiene fahren auch (zukuenftige) Eltern. Da wird der Druck dann sogar noch hoeher gefahren. Wenn wir als Paar erklaeren, dass wir keine Kinder haben wollen, werden wir angesehen als haetten wir gesagt, dass wir uns von lebenden Insekten ernaehren. Eine Mischung aus Unglauben und Mitleid schlaegt uns entgegen und laesst uns fragen, was wir denn falsches gesagt haetten. Da wir das aber nicht zum ersten Mal erfahren, haben wir uns ein paar Erklaerungen bereitgelegt.
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Wir haben keine besondere Beziehung zu Kindern
Dies wird gerne so aufgefasst, dass wir Kinderhasser seien. Das ist nicht der Fall, es ist eher eine indifferente Sicht der Dinge. Kinder sind halt kleine Menschen. Koennen suess sein, koennen anstrengend sein, werden groesser. Ist halt so.
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Wir glauben nicht, dass wir uns angemessen um Kinder kuemmern koennten
Da wird dann schon eher dran gekaut, aber dann auch als Ausrede abgetan. Wenn wir nur wollten dann waere das alles kein Problem. Eigentlich witzig, vor jeder Haustieranschaffung wird man gefragt, ob man sich denn das auch gut ueberlegt haette. So ein Tier braucht ja auch Aufmerksamkeit und so. Nur beim Kinderkriegen braucht man sich da keine Gedanken drum machen. Ach ja, wir haben uebrigens auch keine Haustiere.
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Gegenfrage: Warum muessen wir denn Kinder haben?
Klar, ist eine dumme Frage. Genauso koennte ich fragen, warum wir atmen muessen. Ist halt so, das gehoert dazu. Aber dann kommen die Argumente.
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Wer soll den spaeter Eure Rente bezahlen?
Meine arbeitslosen Kinder bestimmt nicht. Wir haben versucht unsere Altersvorsorge so unabhaengig wie moeglich zu gestalten. Zu hoffen, dass unsere Kinder irgendwann das Sozialsystem sanieren ist uns doch etwas zu vage.
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Was soll denn mit dem Haus passieren, wenn ihr nicht mehr seid?
Die Antwort ist bereits in der Frage enthalten. Dann sind wir nicht mehr. Ich habe auch die Hoffnung, dass mir nach Beendigung meines irdischen Daseins, alles Irdische fern ist. Damit auch Besitz und Wohlstand.
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Wer soll sich denn um Euch kuemmern, wenn ihr mal aelter werdet?
Wenn meine Kinder mir so aehnlich sind, wie es Genetik und Erziehung erwarten lassen, glaube ich nicht, dass meine Kinder die Bluete ihres Lebens damit verbringen wollen, uns ins Sterbebett zu fuettern. Klingt hart, ist aber so. Und ich verlange nichts von anderen, was ich nicht selber bereit bin zu geben.
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Kinder machen das Leben erst lebenswert
Kinder veraendern das Leben sicherlich, aber wir halten unser Leben auch ohne Kinder fuer lebenswert. Und wenn wir uns in unserer Bekanntschaft umsehen, ist der Teil wirklich gluecklicher Eltern zwar vorhanden aber doch recht gering. Also wieder ein Gluecksspiel.
Haben diese Silberkugeln alle ihr Ziel verfehlt gibt es mehrere Varianten, wie das Thema weiter behandelt wird. Schulterzucken und mit der Situation abfinden, Unglauben und emotionale Diskussion mit Geschichten aus der Kinderwelt oder Ablehnung. Bei letzterer sind wir wieder bei den Missionaren und Fundamentalisten: Bist Du nicht meiner Meinung, so bist Du mein Feind! Und das ist fuer mich der Moment, wo mein Verstaendnis komplett aussetzt.
Fuer alle diejenigen, die auch ohne schlechtes Gewissen kinderlos gluecklich sind, sei noch folgende Kampagne empfohlen:
Die freiwillige Bewegung zur Ausrottung der Menschheit. Eine Bewegung, die sicherlich ebenso falsch Verstanden wird, wie unsere Einstellung. Und wer weiss, vielleicht kommt irgendwann die Hormonvergiftung und wir sehen das alles auf einmal ganz anders.
Kommentare
Eigentlich kann ich Deinen Artikel komplett unterschreiben. Menschen, die andere Menschen deswegen verurteilen, weil sie nicht die eigene Meinung oder Neigung teilen, gibt es leider viele.
Eine Sache ist mir aber schon aufgefallen: Ich halte Religiosität nicht unbedingt für vereinbar mit einer Vereinszugehörigkeit. Man kann z.B. auch religiös sein ohne einer Kirche oder einer Glaubensgemeinschaft anzugehören. Der Glaube an ein Schicksal, an eine höhere Macht oder an einen Gott ist für mich ziemlich individuell und von einer Institution "Kirche" eher losgelöst.